Neuigkeiten | Theaterverlag Hofmann-Paul

Presse

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Eine höhere Wahrheit – Rozhlad, 1/2005

Zum Stück: Mein Name ist Erling
15. Januar 2005

Zur deutschen Erstaufführung im Volkstheater Bautzen, 14.11.2004


Rozhlad, 1/2005
„Die 80 Minuten Kammerspiel lassen die Besucher in tiefer Betroffenheit zurück. Obwohl auf der Bühne keine schlichte Wirklichkeit dargestellt wird, handelt es sich doch um eine höhere Wahrheit. Die irreale, „mytische“ dritte Gestalt verleiht dem Stück eine fantastische Ebene, wie sie der Kunst durchaus entspricht. Das imaginäre „Kind der Liebe“ fungiert als Detektor, der teure Erinnerungen auslöst. Dank humorvoller Dialoge wird die Tragik unterlaufen, übrig bleibt die ergreifende Summe eines Frauenlebens.“Mein Name ist Erling“ wirkt durch die frappierende Idee: Ein Kind, das vielleicht vor Jahrzehnten in Gedanken existierte, bricht in die geordnete Welt konkreter Leute ein. Jeder im Raum fragt sich folglich, wie er selbst reagieren würde. In diesem Sinne geht das Schauspiel jeden an. (...) Christina Herrström war zur Premiere persönlich angereist. Dass ihr die Sympathien des Publikums zuflogen, lag jedoch an dem intelligent dramatischen Werk, das die zweisprachige Bühne als erste in Deutschland für sich entdeckt hatte.“

Zerfetzte Eidechsen, brennende Kreuze – Generalanzeiger Bonn

Zum Stück: Tintenaugen
12. Dezember 2004

Ein französisches Kammer-Weltspiel wird in Bonn deutsch erstaufgeführt: Tintenaugen von Arlette Namiand

Von Eva Schäfers

Bonn. Du steckst nicht in meinem Kopf, um zu wissen, was da vor sich geht! sagt Nina. Gott sei Dank, ich würde vor Langeweile sterben, versetzt Mathilde ungerührt. Die verängstigte Nina (gespielt von Nina V.Vodopyanova) und die verbitterte Mathilde (Tatjana Pasztor) sind Schwestern, gefangen in einer symbiotischen Beziehung aus Hass und Abhängigkeit. Die Abhängigkeit von Mathilde drängt sich auf Anhieb stärker auf: sie ist blind und daher angewiesen auf ihre Schwester, die ihr erzählt, was sich „draußen“ abspielt. Ihr winziger Weltausschnitt ist der Schulhof vor dem Fenster. Es sind Bilder der Gewalt, um die Nina zwanghaft kreist: Kinder, die Rieseneidechsen zerfetzen, ein junges Mädchen, das in einem Kamikazeanschlag gegen eine Mauer fährt; kleine Jungen, die sich mit Planierraupen blutige Schlachten liefern. Ein Junge von draußen, von dem stämmigen Raphael Rubino etwas ungelenk in Szene gesetzt, erscheint tatsächlich und sorgt für überraschende Wendungen. Die zentrale Frage lautet nämlich: Ist es die Wahrheit, die Nina ihrer Schwester ausmalt?

Am Ende transponiert ein Video (Timo Amling) Ninas visionäres Kopftheater in die medial vermittelte Wirklichkeit – schnelle Schnitte zwischen brennenden Kreuzen und Leichenbergen: apokalyptische Bilder von Krieg und Zerstörung.

Armselig leere Gerippe sind wir, sagt Mathilde, unnütze Fleischfetzen, so wenig lebendig! In der Tat, Mathilde und Nina bleiben bis zum bösen Ende seltsam unwirkliche Wesen, und auch ihre behaupteten Gefühle um Schuld und Verrat bleiben in der Schwebe, weil die familiäre Geschichte nur angedeutet wird. Tintenaugen der Französin Arlette Namiand (das 1990 in Frankreich uraufgeführt wurde) spielt auf zwei verschiedenen Ebenen, wobei die real-psychologische von der symbolischen fast erdrückt wird. Dem Dialog, den die mutige Regie in Bonn mit quälenden Pausen durchsetzt hat, ist etwas Konstruiertes eigen, zu angestrengt bemüht um Transzendenz und Bedeutung. Der poetische Titel Tintenaugen trägt die Essenz dieses Kammer-Weltspiels: das Sehen und das vermittelte Sehen; die Wirklichkeit und die durch Sprache und Medien behauptete Wirklichkeit.

Der junge Regisseur Ingo Berk, dem das Bonner Schauspiel die Deutschsprachige Erstaufführung anvertraute, hat sich gleich dafür entschieden, die psychologische Dimension in den Hintergrund zu rücken und zielstrebig die symbolische Ebene anzuvisieren. Das gelingt ihm gut, und zwar auch mit Hilfe einer konsequent reduzierten Bühnenausstattung (Gesine Kuhn), die mit wenigen bildstarken Requisiten auskommt. Auf einem stählernen Stuhl vor dem schmalen Fensterschlitz, der einen Folterkeller oder eine gynäkologische Praxis assoziieren lässt, schnallen sich die Schwestern abwechselnd gegenseitig fest. Am Ende fällt Schnee – zumindest behauptet das Nina - und auf der Zimmerrückwand erscheint anthrazit-silberfarbenes Geflimmer: eine schöne surreale Verfremdung. Und eine intelligent eingesetzte Geräuschdramaturgie setzt behutsam Akzente im heruntergekühlten Spiel der beiden Darstellerinnen – dem man im Fall der verhärteten Mathilde etwas mehr Farbe und Nuancenreichtum gewünscht hätte. Auch die Rolle der Nina zeigt keine große Skala an Gefühlen, aber ihre irgendwie schlafwandlerische Unterwerfung hat etwas Bezwingendes in der Darstellung.

Die Regisseurin Andrea Breth hat kürzlich beklagt, dass neue Autoren mitsamt ihren neuen Stücken so schnell von der Theater-Spielfläche wieder verschwinden. Das habe auch mit den Medien selbst zu tun, die nur Ur- und Erstaufführungen ihre Aufmerksamkeit schenken wollen. Und auch wenn das Stück Tintenaugen zu deutlich um Bedeutung bemüht ist : Es wäre schade, wenn es nach der Uraufführung gleich wieder in Vergessenheit geraten würde.

Die behutsame Inszenierung konzentriert sich auf die symbolische Ebene des psychologischen Kammerspiels, das um Wirklichkeit und medial vermittelte Wirklichkeit kreist.

Tintenaugen vom Schauspiel Bonn in der Werkstatt, 12., 22., 29. Dezember 2004

Ungelebte Träume, Lebenslügen und verpasste Chancen – Sächsische Zeitung

Zum Stück: Mein Name ist Erling
16. November 2004

Zur deutschen Erstaufführung im Volkstheater Bautzen, 14.11.2004

Sächsische Zeitung, 16.11.2004
„Das Stück der schwedischen Autorin Christina Herrström erlebte am Sonntag im Bautzener Burgtheater eine rundum gelungene Erstaufführung. Was Gefahr lief, ins Kitschige oder gar Schmalzige zu entgleiten, wurde durch eine hochsensible Regie (Nils Düwell als Gast) aufgefangen. Zwischen den drei Figuren entspann sich ein dynamisches Wechselspiel, welches den Zuschauer zugleich bewegte und zum Lachen brachte. (...) Christina Herrströms Charaktere sind vom Regisseur wunderbar ausgearbeitet worden und werden von allen Protagonisten ausgezeichnet vermittelt. (...) Ungelebte Träume, Lebenslügen und verpasste Chancen versammeln sich auf der Bühne. „Mein Name ist Erling“ besitzt einen starken Spannungsbogen, der aus Spiel, Handlung und Sprache heraus entsteht.“