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Presse - Liv Strömquist

Amor im Konsumzeitalter – Leipziger Volkszeitung

19. Januar 2023

Am Schauspiel Leipzig bringt Ellen Neuser im Foyer 1 gewitzt Liv Strömquist auf die Bühne.

Von Dimo Rieß

Kaum jemand hat das Genre Sach-Comic so populär gemacht wie die Schwedin Liv Strömquist. Mit unprätentiösem Duktus kreist sie gesellschaftlich bestimmte Geschlechterrollen und die Liebe in Zeiten des Kapitalismus originell ein. Inzwischen auch am Theater. „Liv Strömquist denkt über sich nach“ ist ein Theatertext, den sie mit der Dramatikerin und Regisseurin Ada Berger verfasst hat. Am Schauspiel Leipzig war im Foyer 1 am Dienstag die deutschsprachige Erstaufführung.
Das kleine und noch junge Foyer 1 dient als Freiraum für Initiativen am Haus. Nicht zuletzt um dem Nachwuchs nach den Einschränkungen durch die Pandemie einen Experimentierraum zu geben. Und den nutzt das Schauspiel-Studio um Ellen Neuser, die Regie führt und mit auf der Bühne steht, großartig. Die erfrischende Direktheit der Strömquist-Comics findet verlustfrei den Weg auf die Bühne.

Beide Genres, Comic und Theater, sind geeignet, komplexe Sachverhalte auf den Punkt zu bringen. Das gelingt hier den neun Spielerinnen und Spielern in kompakten, flink wechselnden und verständlichen Szenen. Mit Schnulzen-Karaoke als Fugenkitt, wobei die Refrains vor dem Ende abbrechen. Nicht mal im Schlager darf noch die Illusion von Romantik blühen. Denn um diese Frage geht es im Kern: Was bleibt von Liebe, Romantik und Gefühl, wenn alles zur Ware degradiert wird – im Zweifel sogar der Lebenspartner oder das Selbstwertgefühl?

Die Inszenierung bedient sich unter anderem bei Strömquists „Ich fühl’s nicht“ und eilt durch gesellschaftliche Ideale der Epochen. Sokrates, Lord Byron, Leonardo DiCaprio. Der historische Vergleich beleuchtet heutige Defizite. Caroline Lamb erhebt, obwohl abgewiesen, ihre Liebe zu Byron „zum Kult um meine Gefühle“. Liebesleid ist „kein Symptom des defekten Ichs“. In DiCaprios Beziehungsreigen mit Models dagegen offenbart sich die Austauschbarkeit von Partnern, sofern relevante Merkmale stimmen. Auf der Bühne wird Paula Vogel, auch für die Choreografien verantwortlich, als DiCaprio von Arm zu Arm gereicht.
Zunächst isolierte Szenen schließen sich geschickt miteinander kurz. Der versuchte Umtausch eines Stuhls mit Macke entpuppt sich als Mini-Parabel auf unsere Partner-Wahl: Nicht das Gefühl, sondern der Kriterien-Katalog dominiert.

Die Inszenierung spult ein klug-gefälliges Potpourri aus soziologischer Erkenntnis, popkulturellem Bezug und historischem Vergleich ab. Mit viel Tempo, nicht moralisch, sondern pointiert in der kritischen Analyse, wie Amor in die Konsum-Mechanismen der Zeit integriert wird. Und voller hintergründigem Witz, wenn etwa der personifizierte Amor (Leonard Meschter) als Rotzlöffel mit dem Dreirad auffährt. Wenn so einer die Liebespfeile verschießt, wundert einen nichts mehr.

 

Liv Strömquist in Leipzig: Schauspielstudierende hinterfragen die Liebe – MDR KULTUR

17. Januar 2023

DEUTSCHSPRACHIGE ERSTAUFFÜHRUNG
Liv Strömquist in Leipzig: Schauspielstudierende hinterfragen die Liebe
Von Thilo Sauer

Sie hat schon fast Kultstatus: Die schwedische Autorin Liv Strömquist schafft es in ihren Comics mit besonderem Humor Sexismus zu entlarven und zwischenmenschliche Beziehungen zu hinterfragen. Schauspielstudentinnen und - studenten aus Leipzig bringen nun ihre Beobachtungen zum Thema Liebe im Schauspielhaus im Rahmen einer temporeichen Show auf die Bühne. Am Dienstag, 17. Januar, feiert das Stück "Liv Strömquist denkt über sich nach" Premiere im Foyer 1 des Leipziger Schauspielhauses.

Schon die Kostüme zeigen, dass in diesem Stück des Leipziger Schauspielstudios alles auf den Kopf gestellt und hinterfragt wird: Ein Schauspieler trägt ein weißes Kleid, auf dem in einem roten Herzen auf dem Bauch "Love you" steht. Eine Schauspielerin hat eine Art Frack mit übergroßen weißen Rüschen an. Immer wieder springen die Darsteller in neue Rollen: verkörpern mal Tolstois Anna Karenina, mal Lord Byrons Geliebte Claire Clairmont oder Teilnehmende einer Dating-Show. Das Stück "Liv Strömquist denkt über sich nach" zeigt keine zusammenhängende Handlung, sondern Szenen, die hinterfragen, was Liebe ist, ausmacht und was man für die Liebe vielleicht auch zu opfern bereit ist.

Warum klappt es nicht mit der Liebe?

Auf die Frage, was ihr Lieblingsmoment im Stück sei, finden die jungen Schauspielerinnen und Schauspieler nicht gleich eine Antwort - vor allem, weil sie sich nicht entscheiden können. Leonard Meschter nennt den Moment nach dem Anna-Karenina-Moment: Das Ensemble sitzt in einer Reihe und seufzt über die Liebe: "Irgendwie haben wir alle dieselben Probleme. Man fragt sich, was ist denn jetzt mit mir, dass das mit der Liebe nicht klappt."

Ronja Gehler erwähnt als ihren Lieblingsmoment den "Emanzipationschor": Nach der Geschichte, wie Claire Clairmont den Dichter Lord Byron gewonnen und verloren hat, steht das Ensemble in Posen auf der Bühne und spricht kraftvoll im Chor: "Kauf dir ein Buch! Kauf dir einen schönen Stift! Schreib auf, was dich ärgert und schmeiß die Seite weg!" Für Ronja Gehler steckt viel in dem Moment: "Diese Lösungen, die man meint zu haben für irgendwelche gesellschaftlichen oder Liebesprobleme. Und die aber auch keine Lösungen sind." Für sie geht es dabei auch um das Leben im Kapitalismus, in dem keine Schwächen erlaubt sind, sondern jeder immer funktionieren muss.

Moderner Klassiker des Feminismus

Solche Momente sind besondere Stärken der schwedischen Autorin Liv Strömquist, die in ihren Sach-Comics Anekdoten zum zwischenmenschlichen Miteinander mit ganz eigenem Witz erzählt und mit philosophischen Erkenntnissen verbindet. Doch die Schauspielstudierenden wollten keine Zeigefinger erheben, erinnert sich Leonard Wilhelm: "Wir haben immer danach gesucht, den meisten Spielspaß reinzubringen, um so wenig Erzählinstanzen oder Erklär Positionen wie möglich zu haben."

Ellen Neuser hat während der Pandemie einen Mitschnitt der Uraufführung in Stockholm entdeckt und ihren Mitstudierenden gezeigt. Alle kannten die Bücher der Comic-Künstlerin und konnten sich schnell auf das Thema einigen. So wurde Ellen Neuser die Regisseurin der deutschsprachigen Erstaufführung und hat bei der Inszenierung vor allem auf die Energie der Gruppe gesetzt.
Das Ensemble findet immer wieder expressive Momente: Es tanzt zu Britney Spears, singt zu Playback oder flirtet unverhohlen mit dem Publikum. Diese Nähe war den Darstellenden wichtig und lässt sich im Foyer 1, dem neuen Spielart des Leipziger Schauspiels, leicht herstellen: "Das ist wie eine Wundertüte", erzählt die junge Schauspielerin Ronja Rath.

Besonderer Ort im Schauspiel Leipzig
In das breite Foyer des Schauspiels wurde ein schwarzer Kubus gebaut: Der Boden ist erhöht,
darüber wurde neue Lichttechnik installiert und die Außenwände lassen sich nach Belieben
verschieben. Das macht diesen Ort besonders, meint Dramaturg Georg Meliert, "weil es sichtbar
ist, weil man hier von geschlossenen Veranstaltungsformaten bis zu einem offenen Raum für
eine Premierenparty ganz unterschiedliche Sachen machen kann."
Das junge Studio-Ensemble hatet die neue Bühne mit einem Liederabend eröffnet. Inzwischen
stellen andere Ensemble-Mitglieder hier auch eigene Texte vor oder lesen aus einem Roman, der
sie berührt. Es gab Spielshows und nun auch den Studio-Abend "Liv Strömquist denkt über sich
nach" - der immer wieder überrascht.

Überraschendes Theater in Leipzig
In einer der Szenen wird zum Beispiel hinterfragt, ob man für die Liebe mit dem Rauchen
beginnen sollte: In Zeitlupe versuchen zwei Personen, den Teilnehmer einer Dating-Show zu
überzeugen, zu rauchen. Nur so könnten diese zwei Menschen zusammenkommen. "Da haben
wir ganz viel drüber geredet, finden wir das jetzt gut oder schlecht", erinnert sich die
Schauspielstudentin Ronja Rath. "Und wir haben gemerkt, es gibt da kein Richtig oder Falsch.
Klar, muss man sich auf die andere Person einlassen, Prinzipien sind aber auch gut."

Am Ende gibt es auf diese Fragen zur Liebe keine Antworten - darin besteht für das gesamte
Ensemble eine Stärke des Stücks. Eine andere Stärke ist, dass das Ensemble gemeinsam über die
Umsetzung des Stücks entschieden hat. Dieses gemeinsame Entscheiden und als Gruppe zu
agieren, ist an vielen Stadttheatern noch eine Utopie - die die angehenden Schauspielerinnen
und Schauspieler aber trotzdem leben wollten. Auch dafür soll das Foyer 1 ein Ort sein, so Georg
Mellert: "Einer der Grundgedanken ist wirklich Ensemble, Ensemble, Ensemble."

Gelungener Abschluss des Theater-Studiums
Für die Studierenden war es dabei auch eine besondere Erfahrung, dass sie sich kreativ ausleben
konnten, beobachtete unter anderem Ronja Oehme: "Das war einfach schön, zum Abschluss
unseres Studiums zu merken, dass man so tolle Kompetenzen entwickelt hat und wie von ganz
alleine alle Kompetenzen da reinfließen."
So geben die neun angehenden Schauspielerinnen und Schauspieler nochmal alles: Sie singen,
tanzen, mimen und improvisieren. Doch vor allem haben sie nochmal erlebt, wie wichtig es ist,
die Figuren mit ihren absurden Wünschen nach der Liebe ernstzunehmen.

Schauspiel-Premiere: „Liv Strömquist denkt über sich nach“ – Leipziger Amtsblatt, Nr. 1/ 2023

14. Januar 2023

Mit zwei Pemieren wartet das Schauspiel Leipzig im Januar auf: Die deutschsprachige Erstaufführung von „Liv Strömquist denkt über sich nach“ führt das Publikum zu Fragen nach Liebe, Kapitalismus, Scham und Tod. (...)

Das Foyer 1 des Schauspiels dient seit Beginn der laufenden Spielzeit als Experimentierfeld für besondere Formate. „Liv Strömquist denkt über sich nach“ ist ein eben solches. Zum einen weil die Hauptfigur tatsächlich existiert und zusammen mit Ada Berger den Text zum Stück selbst geschrieben hat. Zum anderen, weil es neun Studenten der Hochschule für Musik und Theater die Chance gibt, im Rahmen ihres praktischen Teils des Schauspielstudiums auf die Bühne zu kommen.
Worüber Liv Strömquist nachdenkt, sind Fragen wie: Was passiert mit der Liebe, wenn wir versuchen, unsere Partner rational und kalkuliert auszuwählen? Ist Romantik überhaupt möglich, wenn das Ich in erster Linie sich selbst zufriedenstellen möchte? In bizarren und doch alltagsnahen Szenen nähert sie sich den Antworten dazu an – live zu erleben zur Premiere am 17. Januar um 20 Uhr. Weitere Vorstellungen sind am 15. und 16. Februar ebenfalls um Uhr geplant.