die einen und die andern

die einen und die andern, von Isabel Martinez

Fünf Zimmer für zwei Bewohner: Anja und Ben feiern mit Freunden die Einweihungsfeier ihrer neuen Eigentumswohnung. Beide verdienen gut als Medienassistentin und Start-Up-Unternehmer und können sich ihren persönlichen Wohn-Traum leisten. Sie führen die anderen durch die Wohnung und zeigen auf, was sie alles verändert haben. Die anderen drei Ehepaare staunen über die weitläufige, großzügige Luxuswohnung, vor allem Lene und Abrun, die mit drei Kindern und kleinem Budget von so viel Platz nur träumen. Nach und nach wird klar, wie dekadent Anja und Ben im Verhältnis zu ihnen leben – für ihre Ansprüche an eine Standard-Wohnung haben sie zwei Wohnungen aufgekauft und deren Mietern gekündigt. Zum Höhepunkt der Wohnungsbesichtigung stehen plötzlich die ehemaligen Mieter vor der Tür – und fordern Einlass.

Das Stück zeigt nicht nur Anja und Ben, die komfortabel in ihrer eigenen Blase leben, ihnen gegenüber steht der Mieter, der um sein Recht auf Wohnen kämpft. Vervielfacht zum Chor der Mieter verdeutlicht er eindringlich als Stimme der Entmieteten die eigentliche Bedeutung von Wohnen: Die Wohnung als Heim, als Obdach, als Zuflucht und Schutzraum und die Angst, daraus vertrieben zu werden. "Du meine Wohnung, du mein Heim, du meine Zuflucht, meine Geborgenheit, meine Wellness-Oase, mein Geheimnisträger, mein Obdach, mein Asyl, mein Schutz, mein Schirm, mein Rückzugsort. Wie lieb ich dich."

Mit der Sanierung zur Luxuswohnung tilgen die einen alle Zeichen des vorherigen Lebens; doch die anderen, die Entmieteten, lassen sich weder übermalen wie die Wandkritzeleien, einreißen wie die Wände, noch abschleifen wie das Parkett. Sie sind real, mit all ihrer Not und ihren Erinnerungen an ihre alte Wohnung, ihr vergangenes Leben und klopfen an die Tür.

Durch den Kontrast zwischen der Unverhältnismäßigkeit des Wohnraums und der Ansprüche und der tatsächlichen Wohnungsnot, durch den Chor der Mieter als das verdrängte Gewissen von Anja und Ben personifiziert, zeigt das Stück, wie absurd der Begriff „Eigenbedarf“ im Abhängigkeitsverhältnis von Mieter und Vermieter genutzt wird.

Ein wichtiges und dringendes Stück zum Thema Grundrecht Wohnen, dass in Zeiten von explodierenden Mieten und Entmietung zeigt, wie absurd Eigenbedarf interpretiert wird.

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