Der Besuch

Der Besuch, von Sascha Löschner

nach H. G. Wells in der Übersetzung von Hermann Fuchs

Vikar schießt Engel ab: Im beschaulichen Siddermorton schießt der Vikar des Ortes, ein leidenschaftlicher Ornithologe, einen Engel vom Himmel. Mit dem Engel kommt das Fremde ins Dorf, und mit seiner Weltfremdheit bringt er das gesellschaftliche Gefüge durcheinander.

Jeder ordnet ihn anders ein, um das eigene Weltbild nicht in Gefahr zu bringen: Der Arzt sieht in ihm einen Irren, der Gutsbesitzer einen gefährlichen, aufwieglerischen Sozialisten, die Nachbarin den Toyboy des Vikars, die adelige Kunstliebhaberin ein entrücktes Genie. An einen Engel glaubt trotz der offensichtlichen Flügel niemand, außer dem Vikar. Der Engel findet das Leben, die Menschen und Vorgänge auf der Erde seinerseits merkwürdig und fremd. Er wird von der Gesellschaft nicht anerkannt und als Sonderling verlacht. An dieser irdischen Realität zerbricht er schließlich und wird vom wunderbaren Himmelswesen zum verbitterten Menschen. Der Engel verliert seine Flügel.

In Kontrast zu dem Engel als Ästheten, wird das irdische Leben als grotesk entlarvt. Durch den arglosen Blick des Fremden werden Klischees und gesellschaftliche Normen vorgeführt und als absurd enttarnt: Das Schöne, Reine, die Güte und Liebe werden verkannt, obwohl sie in der Person des Engels real und greifbar sind. So schließt die Gesellschaft mit ihrem Konformitätszwang alles Wahrhaftige und Gute aus und, feiert sich selbst.

Das Stück basiert auf H. G. Wells Werk „The Wonderful Visit“ von 1895, indem Wells die Gesellschaft des viktorianischen England vorführt. Löschners Fassung legt die gesellschaftlichen Mechanismen im Umgang mit dem Fremden – entweder Anpassung oder Verdrängung – offen und zeigt, wie aktuell das Stück selbst heute, im fortschrittlichen 21. Jahrhundert, ist.

Ein zeitloses satirisches und poetisches Stück über absurde Gesellschaftszwänge und das Gute, dass direkt vor uns steht und nachdem wir nur greifen müssen.

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