Neuigkeiten | Theaterverlag Hofmann-Paul

Presse

Aktuelle Presse

Nächtliche Theaterführung lüftet Geheimnisse – Ostsee-Zeitung

Zum Stück: Das Theater der unerhörten Dinge
19. April 2017

Mit neuem Format öffnet sich das Bühnenunternhmen seinem Publikum.

von Annemarie Bierstedt

Greifswald. Was hat es mit dem Matrosenring und den Hausknochen auf sich? Warum entstand der Bühnenturm? Was ist eigentlich das Archiv der Wünsche? Mit wunderbaren Begegenheiten, erstaunlichen Geschichten und rätselhaftn Gegenständen will das Theater Vorpommern nunmehr zu später Stunde Besucher in seinen Bann ziehen. Die erfahren dann, was dem geneigten Publkuem mithin verborgen bleibt. "So ein Bühnenhaus hat hat seine Geheimnisse. Einem ausgewählten Kreis an Leuten zeigen wir Orte und Dinge., die vorher noch niemand gesehen hat.", erklärt Dramaturg Sasche Löschner.

Nach den Abendproben, 22 Uhr, sollen je 20 Interessierte in die Rätselhaftigkeit des Theaters eintauchen dürfen. Aufführungsort der knapp eineinhalbstündigen Begegnung ist das gesamte Gebäude. Schauspieler wie Jan Bernhardt und Lutz Jesse geleiten die Teilnehmer von der Pforte bis zur Oberbühne, vom Keller bis zum Dach.

Vorbild dieser exklusiven Aufführung ist das Berliner "Museum der Unerhörten Dinge". Dessen Gründungsvater Roland Albrecht sammelt Gegenstände, die ihre eigenen sonderbaren Geschichten erzählen und daher einen unerhörten Wert besitzen. "Sein Konzept, so an die Dinge und die Welt herangehen zu können, hat mich fasziniert", erzählt Armin Beutel, der die Theaterführung in Greifswald inszeniert hat. Poetisch und informativ erhalte der Besucher dei Möglichkeit, in die kulturgeschichtlichen, mystischen Tiefen des Theaters Vorpommern einzudringen. So erfahre er, was es mit dem Begriff "Schlitzohr" auf sich hat oder inwieweit sich das Schwedische Gen im Greifswalder Theater bemerkbar macht. Schließlich gehörte die Hansestadt noch bis 1815 zu Schweden.

Sogar einen geheimen Wunsch könnten Teilnehmer der nächtlichen Führung hinterlassen – im Archiv der Wünsche. In dem sollen Beutel zufolge noch Sehnsüchte aus dem Jahre 1762 existieren. Nicht zuletzt kann unerhörte Orte besichtigen, wer an der Führung teilnimmt. Orte, zu denen Nichttheaterleute ansonsten keinen Zutritt haben. Wie etwa die Hinterbühne oder der Maschinenraum des Theaters. „Bei einigen Räumen haben wir fast ein schlechtes Gewissen, sie zu zeigen“, verrät Arnim Beutel. „Sie verströmen eine ganzbesondere Energie der Schauspielkunst, sodass ein Sichtbarmachen sich fast wie eine Entweihung anfühlt.“

Vor zwei Jahren schon hatten die Planungen für die außergewöhnliche Darbietung begonnen. Was herausgekommen ist, sprenge alle Genregrenzen, sagt Sascha Löschner. „Es ist zugleich wissenschaftliche Veranstaltung, touristische Attraktion und Theaterabend. Das Publikum kann mehr partizipieren als sonst.“ Er verdeutlicht, dass es bei dieser Art künstlerischen Schaffens auch darum gehe, die gesellschaftliche Bedeutung von Theater neu zu verhandeln und seinen Wert transparenter zu machen. Dementsprechend sei auch die Rolle der Schauspieler eine andere: „Man erzählt, man berichtet, man moderiert, aber viel spontaner und lebendiger als sonst“, schildert Lutz Jesse. Und sein Kollege Jan Bernhardt ergänzt: „Das ist eine Herausforderung, die ich als sehr abwechslungsreich und angenehm empfunden habe. Die Nähe zu dem Publikum, die wir in den Führungen herstellen, die entblößt uns als Schauspieler und als Theater.“

Dramaturg, Regisseur und Schauspieler sind gespannt auf die Uraufführung, bei der auch Roland Albrecht, Vater des Berliner „Museums der unerhörten Dinge“ dabei sein wird. „Für uns ist es ein Genuss, dieses Wissen mitzuteilen und wir hoffen, auf Besucher zu stoßen, die verantwortungs- und respektvoll mit den Geheimnissenu mgehen“, bekennt Armin Beutel.

Premiere: 21. April 2017, 22 Uhr, Greifswald, Bühneneingang Anklamer Str. 106. Am 13. Mai, 22 Uhr, Stralsund.

Weinen. Und Lachen – Badische Zeitung

Zum Stück: Die Reise nach Honolulu
19. Juni 2015

Das neugegründete Freiburger Kindertheater Firlefanz.

von Marion Klötzer

 

Ein Hausmeister, der schon lange sein Lachen verloren hat, eine Putzfrau, die für jeden Schabernack zu haben ist, obwohl sie selbst oft ausgelacht wird. Eine erst sperrige, dann flügelzarte und intensive Begegnung als vierzigminütiges Kammerspiel, bei dem es um Trauer, Vertrauen und Lebensfreude geht. Das ist ungewöhnlicher Stoff für ein Kinderstück, das einmal nicht aus den für solch mutige Projekte bekannten Niederlanden kommt, sondern aus der Feder des in Oberkirch geborenen und nun aus Hildesheim angereisten Autors Reiner Karl Müller.

 

Seine 2011 in Esslingen uraufgeführte "Reise nach Honolulu" ist ein Klassenzimmerstück, das dann auch achtzig Mal in verschiedenen Grundschulen gespielt wurde. Das macht Sinn: Aufführungsort ist hier gleich Bühnenbild, stoßen Hausmeister Flinkezange und Putzfrau Dreckschreck doch in der Pause zwischen Pult und Tafel aufeinander. Bis auf Werkzeugkiste und Putzwagen braucht es da keine Requisite, trotzdem kreieren die beiden eine ganze Welt. Jetzt feierte das neugegründete Freiburger Kindertheater Firlefanz mit dem Stück im inklusiven Theaterkollektiv "Blickkiste" in der Freiburger Wiesentalstraße Premiere und Debüt.

 

"Mehr Theater für alle", so das Motto von Regisseurin Jasminka Wrobel und ihren beiden Schauspielern, die diese erste Produktion über Crowdfunding finanzierten und sich als mobiles Ensemble verstehen. Und damit nicht nur klug auf die angespannte Freiburger Raumsituation reagieren, sondern vor allem einen niedrigschwelligen Theatereinstieg in vertrauter Umgebung bieten wollen. Der Start gelingt famos: Das Stück ist so verspielt wie vielschichtig, Schauspielerin Sophie Eckerle und der australische Clown und Comedian Julian Bell haben Bühnenpr.senz, agieren körperstark mit viel Gespür für Situationskomik und Zwischentöne. Und so gibt’s bei aller Poesie auch viel zu lachen. Dabei ist der bierernste Hausmeister erst ziemlich genervt von dieser aufdringlichen Putzfrau, die ihn sogar in seinem Versteck zwischen den Zuschauerreihen aufstöbert. Was will diese verrückte Nudel, die alberne Sprachspiele veranstaltet, verdrehte Schiller-Gedichte rezitiert und ihn hartnäckig mit der Frage löchert, warum er eigentlich nie lache? Ihre freundliche Blauäugigkeit macht ihn schließlich handzahm – und katapultiert beide in ferne Kindheitstage als ein Verlust zu einem folgenschweren Versprechen führt. Höchste Zeit die emotionale Rohrzange anzusetzen um die Verstopfung zu lösen...

 

Zwei konträre Charaktere, die hier ohne Kitsch und Übertreibung, aber mit viel Charisma auf die Bühne kommen: Der eine ein erloschener Jedermann, der seine Träume und Gefühle längst auf Eis gelegt hat, die andere ein ebenso verletzliches wie strahlendes Energiebündel. "Wer weinen kann, kann auch lachen", so die Botschaft, die ganz federleicht zwischen sprachwitzigen Dialogpingpong, ausgelassene Rollenspiele und ein bisschen Zauberei passt.

 

Conchita Wurst lässt grüßen – Augsburger Allgemeine - Rieser Nachrichten

Zum Stück: Bezahlt wird immer!
10. Februar 2015

Schauspielmanufaktur Uraufführung von „Bezahlt wird immer!“. Turbulente Tragikommödie mit glänzenden darstellerischen Leistungen

von Toni Kutscherauer

Nördlingen. Erstmals in der fast fünfjährigen Geschichte der Schauspielmanufaktur Nördlingen stand eine Uraufführung auf dem Programm. So war auch Autor Florian Kaiser aus Heidelberg angereist, um dabei zu sein, wenn seine Komödie „Bezahlt wird immer!“ auf dem Nördlinger Rotochsenkeller zum ersten Mal öffentlich gespielt wird. Erzählt wird die Geschichte von zwei Scharlatane Guru (Ronaöd Hansch) und Scarpin (Holger Zessner), die mit unseriösen Selbsterfahrungskursen in der Toskana den Leuten das Geld aus der Tasche ziehen.

Doch die Geschäfte laufen schlecht, niemand interessiert sich für Workshops wie „Schöner Atmen“, „Heilige Steine“ oder „Instant Karma To Go““. Und so ist die Kurskasse genau so leer wie Kaffeedose und Benzintank . Selbst für Schlachthof-Blut zur Inszenierung des „Bluttränen-Wunders“ reicht die Barschaft kaum. Zudem sitzt den beiden noch der eifersüchtige Ehemann Palazzi im Nacken.

Die Rettung scheint nahe, als sich Frau Müller (Markus Anton) – nach frischer Trennung in Lebenskrise – telefonisch beim „Zentrum für innere Einkehr und äußeres Wohlbefinden“ anmeldet. Doch wer erscheint, schwebt förmlich ein? Ein bärtiger, langhaariger Jesus-Typ in Frauenkleidern! Transvestit oder Drag-Queen? Homo- oder Transsexuell? Conchita Wurst lässt grüßen.

Schnell zeigt sich, dass Frau Müller mehr über Spiritualität und Reinkarnation weiß, als die beiden Hochstapler. Und so beginnt eine turbulente erotische Tragikomödie um Leidenschaft und Eifersucht, um Profitgier und Erpressung, um Liebe und Selbstfindung.

Selbstherrlicher Macho und trotteliger Assistent

Theaterleiter und Regisseur Nico Jilka hat das Drei-Personen-Stück „Bezahlt wird immer!“ mit erstklassigen Schauspielern besetzt. Ronald Hansch war bereits in mehreren Rollen in der Schauspielmanufaktur zu sehen und gefällt als geldgeiler, selbstherrlicher Macho, der seiner materiellen Gier auch Freundschaften und Gefühle opfert.

Seinen Widerpart als trotteliger „Workshop Assistent Manager“ spielt der unwiderstehliche Holger Zessner, dessen darstellerische Komik man sich unmöglich entziehen kann und dessen Mienenspiel alleine schon das Eintrittsgeld wert ist.

Markus Anton schließlich ist der schon aufgrund seiner femininen Ausstrahlung ein Gewinn: er stöckelt wie eine frau, spricht wie eine Frau und verkörpert somit gekonnt ein ebenfalls andogynes wie geheimnisvolles Wesen.

Durchaus mutige Inszenierung

Die Inszenierung von „Bezahlt wird immer!“ darf durchaus als mutig bezeichnet werden. Im Vordergrund läuft die Komödie um zwei Loser und eine druchgeknallte Esoterik-Ziege. Da ist Slapstick Trumpf, wenn der Sekundenkleber seine Wirkung entfaltet oder der hibbelige Scapin seine verführungskünste an einer Sexpuppe testet. Doch in einer zweiten, inhaltlich tiefer angelegten Ebene werden zum einen die eigentlich tragischen Schicksale der drei gescheiterten Existenzen beleuchtet. Zum anderen werden in zahlreichen Metaphern und Bildern spannende und brisante Fragestellungen zu dem Thema wie Geschlechterrolle und sexuelle Identitätsfindung entwickelt. Sogar reale Ereignisse sind eingearbeitet, wie etwa die Klatten/Sgarbi-Affäre.

So pendelt „Bezahlt wird immer!“ stetig zwischen Komödie und Tragödie, zwischen Groteske und Farce. Zudem enthält die Aufführung einige gewagte, delikate und provokante Szenen, in denen der eine oder andere Besucher Grenzen überschritten sehen mag. Folgerichtig gibt es am Ende zwar einige betretene Gesichter, beim Großteil des Publikums jedoch euphorischen Applaus. Dazu ein dickes Lob von Autor Florian Kaiser und viele Vorhänge für die grandiosen Schauspieler. Man kann also mit einiger Sicherheit davon ausgehen, dass „Bezahlt wird immer!“kontrovers diskutiert werden wird. Doch immer, wenn das der Fall ist, hat das Theater eine wichtige Funktion erfüllt.