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Presse - Mauersegler von Edzard Schoppmann

Mauern überwinden – Weststadt Online

15. Juli 2011

Zur Uraufführung durch das Theater Baal Novo, Reithalle Offenburg
(UA: 19.04.2011; R: Edzard Schoppmann)
 

Da wird gekämpft, gestritten, gelitten, nach Nähe gesucht und Aggressionen entwickelt – das Recht des Stärkeren gilt halt unter Strassenkötern, wie sich diese Randgruppen-Kids mit Migrationshintergrund in ihrem Ghetto, das sie Mauerland nennen, selbst begreifen. Ohne Wurzeln, ohne Hoffnung, im Hamsterrad des Unterprivilegiertseins gefangen, sich selbst über­lassen, so hat die transkontinentale Migration des 20. und 21. Jhdts. eben die Kulturen durcheinander gebracht, ohne auch nur ansatzweise Lösungen für den sich aufbauenden gesellschaftlichen Dampf­druckkessel zu entwickeln. Was die einen dabei als Multikulti-Chance vertraten, galt bei anderen als das Horrorszenario von Parallelgesellschaften zur existierenden bürgerlichen Welt. An diesen betonierten Positionen der Schwätzer und Rechthaber entwickelte sich tatsächlich dabei ein schmutziger Rand um die heile weiße Welt der bürgerlichen aufgeklärten Besserwisser.

Nur – was ist seitdem passiert? Was machen die Betroffenen? Davon handelt “Die Mauersegler“ des Baal novo – Theaters aus Offenburg unter der Leitung von Edzard Schoppmann, der das zweisprachig inszenierte Theaterstück auch geschrieben hat. Ob die gezeigte Situation dabei in Frankreich oder in Deutschland spielt ist egal, es spielt überall dort, wo sich Migranten massenhaft eingefunden haben, weil sie sich ein besseres Leben erhofft haben oder dort hinein geboren wurden, um dann festzustellen, dass sie gar nicht akzeptiert sind. Wie Strassenköter eben in Spanien, Marokko und sonstwo. In diesem kulturellen, geistigen und materiellen Nirwana entwickeln politische Entscheider scheinbar keine neuen Ideen, ausser Härte zu fordern, dabei finden die Underdogs ihre eigenen Auswege, Umgangsformen und Moral.

Inspiriert durch die ursprünglich französische Trendsportart Parkour schrieb Schoppmann das Theaterstück.

"Parkour ist eine Sportart, die in den 80er Jahren in den Betonwüsten der Pariser Vorstädte entstanden ist. Ziel ist es mittels eigener Kreativität und mit dem geringsten Kraftaufwand den kürzesten Weg von einem Punkt zum anderen zu finden. Parkour zeigt Jugendlichen einen Weg mit dem bestehenden Umfeld zu Recht zu kommen. Es geht nicht darum andere durch sein eigenes Können zu beeindrucken, sondern um einen respektvollen Umgang miteinander. Parkour ist mehr als ein Sport, es stärkt den Geist, ist gleichzeitig Kultur und Lebenseinstellung. Diese Philosophie wird den Jugendlichen im BAAL novo Workshop vermittelt. Neben deutschen und französischen Schauspielern, stehen diesmal auch Schauspieler türkischer und arabischer Herkunft auf der Bühne. Das Stück erzählt davon, wie junge Menschen, die am Rande der Gesellschaft stehen, vom Leben vergessen wurden, sich befreien, und einen eigenen Weg ins Leben finden. Da sie sich ausgegrenzt fühlen, haben sie in und um sich herum Mauern gebaut. Parkour ist für sie ein Ausweg aus ihrer Perspektivlosigkeit in Mauerland." [Text aus: Badische Zeitung, Offenburg]

Das Theaterstück endet mit dem Überwinden der äusseren wie inneren Mauern und gibt daher auch ein Vor-Bild für das junge Theater-Publikum ab.
Der ganzen Theatertruppe Baal novo muss für die überzeugende Darstellung und Umsetzung von Sprache, Tanz, Akrobatik, Musik und Multimedia grösste Anerkennung gegeben werden, genauso wie dem Autor und Spielleiter Edzard Schoppmann und der Technik-Crew, die eine lebendige moderne Aufführung zeigten. Vergessen habe ich bisher zu erwähnen , dass Mauersegler eine Koproduktion von BAALnovo mit dem UnterwegsTheater Heidelberg ist. Jai Gonzales und Bernhard Fauser haben die Körperarbeit und Bewegungschoreoraphien übernommen und zum Bühnenbild, bestehend aus illuminierten Wasserfässern, inspiriert. Man kann  sich wünschen, diese gute Zusammenarbeit möge weiter bestehen. Solche Projekte erzeugen unverschlüsselte Botschaften für die Zuschauer, die viel authentischer, eindringlicher und wegweisender für ein gemeinsames Zusammenleben sind als viele politische Sonntagsreden und kryptisches pseudo-soziales Wortgedrechsel.

 

Baal Novo - Mauersegler in der Hebel Halle – DieStadtredaktion.de

15. Juli 2011

Baal Novo - Mauersegler in der Hebel Halle

von Nils Herbstrieth

In einer Zeit nach oder vor der Zeit irgendwo im nirgendwo und doch überall. Junge Lebewesen, Menschenrudel oder Hundegang, leben in einer Art Endzeitszenario hinter Mauern unter der Brücke neben dem Schrottplatz. Ein Ort den es heute in  jeder Stadt irgendwo gibt.

Die Protagonisten durchleben alles, was junge Hunde so durchleben müssen. Rudelbildung, Anführerschaft, männliche Eitelkeit und Verletzbarkeit, weiblich nuttige Klischees, starke Frauen, Identitätskrisen, Migrationsschwierigkeiten, Gewalt, Liebe – et tout cela. Während sich die sechs mit ihren tierisch menschlichen Problemen herumplagen werden sie immer wieder überrascht durch Wesen die irgendwie anders sind, die leicht und geschickt alle Hindernisse überwinden. Mauersegler, Überflieger, Privilegierte? Man weiß es nicht. Sie verursachen bei den Endzeitbewohnern einerseits Angst um ihren wenn auch unwirtlichen aber immerhin Lebensraum. Andererseits auch Neid oder die Ahnung, dass das Leben auch anders sein könnte, irgendwie besser.

Eindrücklich und intensiv in Szene gesetzt wird das Stück von Edzard Schoppmann, dem Theaterleiter des BAAL novo aus Offenburg. BAAL novo ist ein grenzübergreifendes Theaterprojekt, das sich um deutsch-französischen Kulturaustausch bemüht. Eine Art ARTE en realité. Demenstprechend ist Mauersegler auch eine bilinguale Koproduktion mit dem französischen Parkour-Verein Association strasbourgeoise de Parkour et acrobaties, die zusammen mit Bernhard Fauser und Jai Gonzales die Bewegung ins Spiel bringen.

Über eine Stunde mehr als Unterhaltung – die Zuschauer waren begeistert über dieses multikulti, multinationale und interdisziplinäre Jugendtheaterstück. Merci beaucoup.