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Presse - König Drosselbart von Sascha Löschner

Selfie-Prinzessin trifft auf die Realität – Fränkischer Tag

17. Juni 2019

Die Premiere des Kinderstücks "Der König Drosselbart" bei den Rosenbergfestspielen ist zeitgemäßes lebenskluges Theater mit großem Spaßfaktor.

Der Bart ist ab. Zwar behält der König Drosselbart auch in der Kronacher Aufführung seinen Spitznamen, aber inhaltlich hat der Autor der Theaterversion, Sascha Löschner, das Märchen der Gebrüder Grimm gründlich entstaubt und für die Jetzt-Zeit aufgemöbelt. Herausgekommen ist ein Stück für jede Generation, eine Prinzessin-im-Schloss-Geschichte genauso wie ein Stück über eine Persönlichkeitsentwicklung, aber auch eine entzückende Romanze zwischen einem Paar auf Augenhöhe.

Regisseurin Stephanie Kuhlmann hat den Stoff zeitgemäß und optimistisch mit viel Schwung in Szene gesetzt und wurde dafür zu Recht vom Publikum mit einem donnernden Schlussapplaus belohnt. Den darf sie sich teilen mit ihrem wunderbaren Ensemble und den fantastischen Kostümen nach Entwürfen von Mila van Daag.

Prinzessin Vanessa - ja, sie erhält in der Löschner-Fassung einen Namen und emanzipiert sich damit vom anonymen Rollenklischee - erscheint als Edelpunk im Tüllröckchen und erinnert in diesem Outfit an die junge Madonna der 80er Jahre: aufmüpfig, selbstbewusst, kapriziös.

Susanne Rösch geht genüsslich in ihrer Rolle als pubertäre Zicke mit Hang zum Selfie auf, die obwohl verwöhnt und alltagsfern, trotzdem die richtigen Fragen stellt. "Wieso heißt es ,eure' Königin oder ,meine' Tochter? Ich gehöre mir selbst!" Ein solches Mädchen lässt sich nicht einfach verheiraten, schon gar nicht an "kopflose Figurinen". Anders als vor zweihundert Jahren lässt sie ihre Bewerber nicht etwa abblitzen, weil diese zu dick, dünn, groß, klein oder hässlich sind. Ihre Maßstäbe sind deren Umgang mit Meinungsfreiheit, sozialem Engagement, wirtschaftlicher Ausbeutung.

Wenn sie "Drosselbart" heißen, gehen auch absolutistische Herrscher als lupenreine Demokraten durch. Dennis Pfuhl ist ein Titelheld mit Herz und Verstand. Er will seine Liebste nicht zähmen oder bestrafen, er lässt ihr die Zeit sich zu entwickeln und vertraut darauf, dass sie selbst die richtigen Entscheidungen trifft. Die Chemie zwischen dem Paar stimmt von Anfang an, hier geht es um Liebe und nicht um dynastische Erwägungen.

Die unterstellt man dem Vater der Braut, dem kindlichen König, übrigens auch nicht. Gregor Nöllen ist ein wahrer Hingucker in seiner Rokokoaufmachung mit roter Perücke und er hat sichtlich Spaß am affektierten Spiel um den Thron. Er mag sein Töchterchen eigentlich gar nicht hergeben. Dafür sorgt dann sein Herold.

Klaus Meile als Mooshammer-Verschnitt hält die politischen Fäden in der Hand. Nach außen blasierter Geck, im Innern ein Rocker, ein Virtuose an der Luftgitarre, der sich über seine eigenen Verlautbarungen lustig macht.

Musik, Gesang, Tanzeinlagen und Verfolgungsjagden in herrlich alberner Choreographie geben der Handlung zusätzlichen Schwung. Für frischen Wind im Stück sorgt außerdem eine neu eingeführte Rolle: Tom Ohnerast als ebensolcher mit zuckerwattiger Sturmfrisur und Tretroller, wenn auch ohne Elektroantrieb. Er führt die Liebenden zusammen, kühlt der Prinzessin das Mütchen und wirbelt und rüttelt die Charaktere in die richtige Richtung.

Sicher vor ihm sind nur die genial minimalistischen Kulissen von Michael Haufe. Hütte und Schloss in schwedisch inspirierter Ivar-Anmutung, vom Marktstand zur Küchenzeile genügt ein Handgriff. Beim Markttreiben dürfen Gregor Nöllen als hanseatischer Fischhändler und Jürgen Malcher als oberfränkischer Gemüsehändler tief in die komödiantische Klamottenkiste greifen.

Selbst die kleinste Nebenrolle ist liebevoll ausgearbeitet in diesem Stück, bei dem jede Rolle ideal besetzt ist. Die Handlung wird stringent vorangetrieben und wenn sich alles zum Happy-End fügt bedauert man direkt, dass man den sympathischen Figuren nicht noch ein Weilchen zugucken darf. So geht perfektes Timing.