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I world
Ein Klassenzimmerstück über den Rückzug eines jungen Menschen aus der Welt in radikaler Konsequenz und die Überforderung seines Umfeldes mit dieser Situation.
Kategorien
- Jugendstücke / Jugendtheater, Klassenzimmerstücke / Schultheater, Virtuelles Leben
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- Altersempfehlung : 15+
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Presse - I world von Knut Winkmann
Verschollen in den virtuellen Welten – Lübecker Nachrichten
24. August 2021
Premiere im Jungen Studio: "I world" erzählt von Jonas, der sich im Onlinespiel verliert
Von Majka Gehrke
Jonas ist ein Ninja. Wie ein Schatten verschwindet er ständig. "Wo ist eigentlich Jonas?" ist ein geflügelter Satz in seiner Familie. Doch irgendwann wird es bitterer Ernst. Denn Jonas hat sich in seinem Zimmer eingeschlossen. Die Tür ist zu, und er stellt komplett auf Durchzug. Was er dort macht und warum er sich abschottet, das ist für seine Familie ein absolutes Rätsel.
Autor Knut Winkmann, der sein Stück auch inszenierte, erzählt in "I world" eine Geschichte, die überall auf der Welt passieren kann. In Japan hat man sogar ein Wort dafür. "Hikikomori" nennt man diese verlorenen Seelen. Das bedeutet so viel wie sich wegschließen. Und genau das machen die Betroffenen auch. Meist sind es junge Männer, die sich jahrelang von der Außenwelt abkapselen und jeden Kontakt abbrechen. Aus diesem Kreislauf herauszukommen, gelingt vielen nur unter Mühe.
So wie Jonas. Vincenz Türpe spielt in dem 50-minütigen Solo-Stück ausdrucksstark die verschiedenen Rollen von Jonas' Familienmitgliedern und entwickelt dabei eine Präsenz, der man sich nur schwer entziehen kann. Er schlüpft, oft nur mit einer Neigung des Kopfes, gekonnt in die Charaktere. Dann ist er der etwas großmäulig auftretende große Bruder, der sich insgeheim fragt, ob er den kleinen Bruder hinter dessen Zimmertür getrieben hat. Mal ist er der wütende Vater, der mit drastischen Mitteln versucht, zu seinem Sohn durchzudringen. "Was willst du uns mit deinem Verhalten sagen? Das ist dein Problem, nicht unseres", wütet er dann vor der verschlossenen Zimmertür oder verbrennt in rasender Wut Jonas' alte Spielsachen. Oder er ist die verzweifelte Mutter, die immer wieder ohnmächtig vor der Tür steht und nach außen hin Nachbarn und Familie voller Scham anlügt. "Jonas studiert jetzt in London", behauptet sie dann.
Irgendwann merkt der große Bruder, wohin Jonas verschwunden ist. In ein Online-Spiel. Dort hat Jonas eine wichtige Rolle inne, aus der er nicht herauskann und -will. Denn im Spiel wird er gebraucht und geachtet. Was kann ihm da die Familie vor der Zimmertür schon bieten?
Viele Requisiten hat Vincenz Türpe bei "I world" nicht zur Verfügung. Das Bühnenbild besteht aus einer weißen Wand, die als Zimmertür und Projektionsfläche für einige Videosequenzen dient, einem Stuhl und zwei Hand voll Zettel, die er gleich am Anfang in die Luft wirft wie Konfetti. Diese Zettel sind die Kommunikatiosmittel der Familie. "Wenn du drin bist, ist alles andere ausgeblendet", hat Jonas auf einen Zettel geschrieben. Die sparsame Ausstattung hat einen guten Grund. Erst eimal braucht es nicht mehr, um die Sprachlosigkeit der Familie darzustellen. Und dann ist das Stück die neue mobile Produktion von Jung plus X des Theater Lübecks. Erreichen möchte Winkmann damit junge Menschen ab der 8. Klasse. Schulklassen und auch andere Gruppen können das Stück buchen und zu sich holen.
Ein Jahr lang hat Winkmann an dem Stück geschrieben und sich tief in die Materie eingearbeitet. "Es geht nicht nur um Gaming und Computer, sondern auch um das Phänomen der Hikikomori. Ich fand es einfach ein spannendes Thema", sagt er. Denn warum genau sich die jungen Männer einschließen, ist oft schwer nachzuvollziehen. Es könne am Druck liegen, den die Gesellschaft ausübe oder an den Erwartungen, die die Familie an sie stelle. "Oder an der Rolle, die ihnen zugeschrieben wird und die sie nicht erfüllen könen oder wollen", sagt er. Da ist da Abrutschen in virtuelle Welten einfacher.