Presse
Presse nach Stücken
Presse nach Autoren
Weitere Informationen
Stück Details

Erste Stunde
Jürgen Rickert kommt neu in die Klasse. Bisher war er immer der Loser und das Mobbing-Opfer, doch heute dreht er den Spieß um und provoziert die Schüler.
Kategorien
- Jugendstücke / Jugendtheater, Klassenzimmerstücke / Schultheater, Monolog
Weitere Informationen
- Altersempfehlung : 12+
Autor
Zugeordnete Themen
- Wenn Helden gefragt sind: Stücke fürs Klassenzimmer
- Raus aus der Isolation: Klassenzimmerstücke für Aula, Schulhof, Autotheater
- Atmosphäre, Stratosphäre, Co2-Schicht: Unsere Klassenzimmerstücke für kluge Frager
- Heimliche Helden - "Stärker als Superman"
- Unsichtbare Erfolgsstücke: Klassenzimmerstücke
- Rechts, links, geradeaus: Unsere Stücke für das Kinder- und Jugendtheater
- Herzlichen Glückwunsch Jörg Menke-Peitzmeyer!
- Starke und schwache Kerle : Stücke für Jungs
Alle Presseartikel
Presseartikel nach Stücke
Presse - Erste Stunde von Jörg Menke-Peitzmeyer
Wie entkommt man der Mobbing-Spirale? – a3kultur
29. September 2019
Um einen fertig zu machen, braucht es keine Fantasie, dazu braucht es nur eine Mehrheit! Die »Erste Stunde« im Sensemble Theater versetzt zurück ins Klassenzimmer.
von Severin Werner
Mobbing gehört zum Schulalltag wie der Pausengong, meistens bedingt das eine auch das andere, sodass Mobbing mit dem Gong beginnt und wieder aufhört, wenn man sich zurück ins Klassenzimmer begibt. Wie entkommt man dieser schier endlosen Spirale? Der verzweifelte Versuch des langjährigen Mobbing-Opfers Jürgen Rickert setzt auf Konfrontation. Anstatt erduldend in die Rolle des Opfers zu schlüpfen, fordert er seine Klasse auf, sich in den ersten fünf Minuten an ihm »auszutoben«.
Weil die Klasse (das Publikum) jedoch nicht darauf eingeht, gibt Jürgen der Klasse aus Verzweiflung eine Art Gebrauchsanweisung fürs Mobbing. Angefangen mit Begrüßungsgeld über alle erdenklichen Schwachstellen, verletzende Namen wie »Fickert« oder »Dickert« bis zum Schlagen und Treten. Im Laufe des Stückes stellt er fest: Eigentlich ist Mobbing ganz schön anstrengend. Es sind deine besonderen Merkmale und Eigenschaften, dein Herausstechen aus der Masse, was den Nährboden für Mobbing bietet. Alles was nicht »normal« ist, wird kleingemacht. Hätten die Eltern einen anderen Namen gewählt, wäre ich dann vielleicht kein Opfer?
Regisseurin Daniela Nering ist es mit Lisa Fertner als Jürgen Rickert auf mitreißende und einbindende Art gelungen, das Stück von Jörg Menke-Peitzmeyer zutiefst anregend zu inszenieren. Vielleicht war man selbst Opfer, Mobbender, beobachtete Mobbing oder setzte sich für einen gemobbten Mitschüler ein. Möglicherweise hat man mit diesem Kapitel schon längst abgeschlossen, doch das Stück regt dazu an, sich wieder mit dieser Thematik auseinanderzusetzen.
Mobbing: Was macht Jürgen zum Opfer? – Augsburger Allgemeine Zeitung - Feuilleton
27. September 2019
Die Hauptfigur in Jörg Menke-Peitzmeyers „Erste Stunde“ sucht eine Antwort. Mit einer starken Inszenierung lockt das Sensemble Theater das Publikum aus der Reserve.
von Birgit Müller-Bardorff
Jürgen ist großzügig. Die ersten fünf Minuten gesteht er seinen neuen Klassenkameraden zu, ihn nach Herzenslust zu mobben. „Fünf Minuten, in denen könnt ihr mit mir machen, was ihr wollt.“ Jürgen hat Erfahrung damit, hat eine einschlägige „Opferkarriere“ in mehreren Schulen schon hinter sich „Die Mädchen gehen meist auf die Jacke oder Tasche, die Jungen nehmen Körperkontakt auf“, weiß er. „Begrüßungsgeld“ hat er vorsorglich auch dabei, um auch für finanzielle Forderungen gewappnet zu sein. Diesmal verfolgt der 16-Jährige die Offensiv-Strategie.
Wie wird einer zum Opfer? Warum immer wieder er? Das wird für Jürgen Rickert zur quälenden Frage in Jörg Menke-Peitzmeyers Monolog „Erste Stunde“, der nun im Sensemble Theater Premiere hatte. Zu große Ohren, rote Haare, eine feuchte Aussprache, Schweißfüße, andere Klamotten, eine Marotte – egal, die dunkle Masse der Austauschbaren tritt nach allem, das besonders ist, hat Jürgen festgestellt. „Fantasie braucht es dafür nicht, nur die einfache Mehrheit“, hat er erkannt. Ein Trost ist das nicht und weiter hilft ihm diese Erkenntnis erst recht nicht. Nur eines weiß er genau: nur nicht auffallen, um keinen Preis eine Angriffsfläche bieten. Deshalb will er auch im Kartenraum der Schule, in den ihn die Mitschüler 18 Stunden eingesperrt haben, keine Spuren hinterlassen und trinkt die eigene Pisse lieber auf.
Das Stück ist die pure Provokation
Die Schauspielerin Lisa Fertner spielt diesen Jürgen im Unisex-Look mit Cargohose, Hoodie, Basecap und Sneakers und gibt dem Thema damit etwas Universelles. Mädchen oder Junge, keiner bleibt verschont. Berührend und eindringlich, mit Gespür für die Zwischentöne und dabei mit großer Kraft zeigt sie die Facetten von Jürgens Verzweiflung: das Imponiergehabe und die Kumpelhaftigkeit, die Weinerlichkeit und die Aggressivität. Und dies immer in der direkten Ansprache des Publikums.
Denn Jörg Menke-Peitzmeyers 60-Minuten-Stück ist die pure Provokation. Nicht nur, weil es auf sehr schonungslose und dringliche Weise mit dem Martyrium eines Jugendlichen unter Druck konfrontiert. Vielmehr fordert dieser Monolog die Zuschauer heraus, sich dem Thema Mobbing aus Täter- und aus Opfersicht zu stellen, ja sogar einzugreifen. Wie lange hält man es aus, den flehenden Jungen im Schrank zu lassen?
In der klassenzimmergroßen Studiobühne des Sensemble Theaters verfehlt dieser Kunstgriff des Stücks seine Wirkung nicht. Regisseurin Daniela Nering spielt ihn in ihrer Inszenierung aus, indem sie die Grenze zwischen Bühne und Zuschauerraum verschwimmen lässt. Wenn in einer Szene eine Kamera die Zuschauer auf eine frontale Leinwand projiziert, werden diese mit sich selbst konfrontiert. Wenn jeder Opfer sein kann, wer wird dann der Nächste im Raum sein, den es trifft? Die Ängste und Panik der Hauptfigur werden greif- und spürbar.
Nein, man kommt dem Thema nicht aus, in diesem starken Stück, dieser sensiblen Inszenierung und der intensiven Darstellung. Vor allem auch, weil das Ende einfache Lösungen nicht anbietet und pädagogische Belehrungen erspart. Nicht nur Schülerklassen liefert „Erste Stunde“ im Sensemble Theater so reichlich Anknüpfungspunkte zur Auseinandersetzung: Denn Gruppenprozesse, in denen die Dynamik meist bestimmten Rollenverteilungen unterliegt, sind nicht exklusiv Jugendlichen und der Schule vorbehalten.
Mitten ins Herz gezielt – Märkische Oderzeitung
04. April 2007
"Erste Stunde" von Jörg Menke-Peitzmeyer
Zur Uraufführung am Theater der Altmark Stendal, 4.10.2006 und zur Auszeichnung des Stücks mit dem Autorenförderpreis 2006 der Landestheater in Goslar, 23.10.2006
„Stendaler Volksstimme“ 24.10.2006
„In dem Stück „Erste Stunde“ von Autor Jörg Menke-Peitzmeyer beleuchtet das Stendaler Theater der Altmark ein noch immer gesellschaftlich unterbelichtetes Thema: Mobbing. Die Starken malträtieren die vermeintlich Schwächeren. Ganze Schulklassen grenzen einen Außenseiter aus – werfen ihn wie ein krankes Küken aus ihrem Vogelnest. Die jüngsten Vorfälle in Gardelegen und Parey sind nur ein kleiner Ausschnitt aus der Realität. Gefragt sind Gegengewichte. Ein solches ist das Klassenzimmer-Theater aus Stendal. Schauspieler halten den Schülern hintern den Bänken den Spiegel vor. Die jungen Leute erkennen sich wieder. So funktioniert Erziehung ohne gehobenen Zeigefinger.“
„Förderpreis für Nachwuchsautor Menke-Peitzmeyer – Das Theater der Altmark in Stendal und der Autor Jörg Menke-Peitzmeyer haben für das Stück „Erste Stunde“ den Autorenförderpreis der Landesbühnengruppe im Deustchen Bühnenverein erhalten. Die mit 5000 Euro dotierte Auszeichnung wurde gestern in Goslar auf einer Tagung der Interessengemeinschaft der Städte mit Theatergastspielen übegeben. Der Preis wird jährlich an ein Theater vergeben, das gemeinsam mit einem Nachwuchsautor ein Stück entwickelt und zur Uraufführung bringt.“
„Stendaler Volksstimme“ 25.10.2006
„Auch auf der TdA-Bühne einer der Besten – Das Theater der Altmark macht von sich reden. Am Montag meldeten es die Presseagenturen: Autorenförderpreis der Landesbühnengruppe im Deutschen Bühnenverein. Der Lorbeer gebührt dem Haus und dem Autor Jörg Menke-Peitzmeyer zu gleichen Teilen. Schließlich gibt es den Preis für ein Gemienschaftsprojekt – Menke-Peitzmeyers Klassenzimmerstück „Erste Stunde“, das am 4.Oktober vor einer vierten Klasse in Arendsee uraufgeführt wurde. Dass Jörg Menke-Peitzmeyer die Uraufführung in Zusammenarbeit mit dem TdA über die Bühne brachte, scheint fast schon folgerichtig. Hier in Stendal brillierte Menke-Peitzmeyer von 2001 bis 2004 auf der Bühne, hier wurde er als bester Schauspieler geehrt. [...] Seinen Durchbruch als Autor feierte er allerdings bereits im vergangenen Jahr mit dem Stück „Steht auf, wenn ihr Schalker seid“, das am 30. September 2005 am Landestheater Dinslaken uraufgeführt wurde. [...] Die nächste Uraufführung ist für Februar 2007 anvisiert. „B-Jugend“ wird das Stück heißen, das dann im Berliner Gips Theater auf dem Spielplan steht. Und drei Monate später werden die mittelfränkischen Theaterfreunde Gelegenheit bekommen, ein Menke-Peitzmeyer-Werk als erste zu geneißen. Im Mai wird „Der Essotiger“ im Nürnberger Hoftheater uraufgeführt.“
Zur Premiere an den Uckermärkischen Bühnen Schwedt, 3.04.2007
(R: Max Beinemann, S: Peter-Benjamin Eichhorn)
Märkische Oderzeitung, 4.04.07
Mitten ins Herz gezielt. Schwedter Theater feiert mit Jugendstück Premiere im Klassenraum.
ubs.-Schauspieler Peter-Benjamin Eichhorn füllt die Rolle des Neuen mit Konzentration und Witz aus. Er ist 45 Minuten lang gefordert und muss blitzschnell auf Handlungen der Schüler, die ja Publikum und Mitspieler zugleich sind, reagieren. Das gelingt ihm souverän, ohne dass er sich bei seinen jungen Zuschauern anbiedert. (…) Mit ihrer neuen Inszenierung greifen die ubs. eine Problematik auf, die längst Schulalltag geworden ist.
Zur Premiere am Mittelsächsischen Theater Freiberg, Premiere: 30.5.07.
(R: Radoslav Tcherniradev, S: David Zimmering)
Freie Presse, 31.05.2007
Eine Klasse ohne Mobbing, das gibt's nicht!' Premiere in der Schule: Mittelsächsisches Theater stellt das Stück 'Erste Stunde' vor Sechstklässlern in Eppendorf vor
Unterricht einmal ganz anders konnten gestern Vormittag 60 Sechstklässler der Heiner-Müller-Mittelschule in Eppendorf erleben. Das Theaterstück 'Erste Stunde' erlebte direkt vor Ort, in einem Klassenzimmer der Bildungseinrichtung, seine Premiere. ... Dabei war es kein einfaches Stück, mit dem sich Regisseur Radoslav Tcherniradev vor die aufgeweckten jungen Leute traute. Um Mobbing ging es in der 45-Minuten-Vorstellung, um Täter und Opfer und darum, wann aus einem kindlichen Streich so eine richtige handfeste brutale Missachtung und Unterdrückung der anderen Mitschüler wird. ... Wie der 32-jährige Schauspieler (David Zimmering) die Eppendorfer jungen Leute immer wieder zu Reaktionen herauslockte, sie ins Spiel einbezog, aber auch auf Distanz hielt und vor allem den Dialog unter ihnen provozierte, war sehenswert. ... Autor Jörg Menke-Peitzmeyer, der zur Premiere eigens aus Berlin angereist war, fand die Idee vom Theater im Klassenzimmer einfach super: 'Man ist so einfach ganz nah dran'. Seine Sprache, sensibel wie derb, kam gut an. Auch der Eppendorfer Bügermeister Helmut Schulze, der an der Diskussion teilnahm, war zufrieden: 'Das ist ein gutes Angebot des Theaters.' Klar, auch die Eppendorfer Sechstklässler hielten mit ihrer Meinung nicht hinterm Berg. Auf die Frage, ob denn das 'Theater im Klassenzimmer' gefallen habe, schnellten alle Hände in die Luft. ... Das Stück 'Erste Stunde' von dem preisgekrönten Autor Jörg Menke-Peitzmeyer können sich die Schulen in ihr Klassenzimmer holen.
freiepresse.de, 31.05.2007
Mittelsächsisches Theater Freiberg/Döbeln macht mit Aufführung im Klassenzimmer mobil gegen Mobbing und Gewalt
In der Pause sind die Schüler der achten Klasse im Martin-Luther-Gymnasium so drauf wie immer. Eigentlich hätten sie jetzt Deutsch, aber angeblich soll in der nächsten Unterrichtseinheit eine Theateraufführung stattfinden. Ein bisschen komisch kommt den Jugendlichen die Situation schon vor, denn weder Kulissen noch andere Hinweise deuten auf den bevorstehenden kulturellen Beitrag.
Als 'Theater im Klassenzimmer' hat das Mittelsächsische Theater Freiberg/Döbeln sich angekündigt, das Stück "Die Erste Stunde" steht für die Schüler im Stundenplan. 'Eigentlich wollten wir schon zu den Jugendtheatertagen etwas für die Klasse buchen. Da das nicht geklappt hatte, bot man uns diese Variante an. Ich bin gespannt', erklärte Lehrerin Martina Preuße vor der Vorstellung. Dass Darsteller David Zimmering, der den Schüler Jürgen Rickert spielt, für seinen Auftritt keinerlei Kulissen benötigt, wird der Pädagogin und ihren Schülern schnell klar, denn der Schauplatz der Handlung ist das Klassenzimmer und die Schüler sind plötzlich Komparsen. Als der 'Neue' in der Klasse ist Jürgen auf einiges gefasst. Mobbing und Gewalt bestimmten sein bisheriges Schülerleben. Die neue Klasse im Frankenberger Gymnasium hingegen lässt Jürgen gewähren und hat zunächst Schwierigkeiten zu erfassen, was eigentlich Spiel und was Realität ist. Die enge Verknüpfung dieser beiden Ebenen macht es aber wiederum möglich, dass sich die Schüler mit der gezeigten Situation identifizieren. Jürgen verdeutlicht, wie schnell sich in einer Klasse Missverhältnisse ergeben können. 'Du bist Ausländer, Du hast eine Brille und Du guckst immer so blöd', zeigt Jürgen alias David Zimmering auf verschiedene Schüler und sagt ganz beiläufig: 'Jeder kann zum Opfer werden. Irgendwas findet man immer, um andere fertig zu machen.' Dann erzählt Jürgen eine Geschichte vom Löwen. 'Der Löwe ist stark, weil die anderen schwach sind', liest er vor und noch etwas: 'Löwen jagen in Gruppen'. Die Metapher soll den Schülern ihr eigenes Verhalten aufzeigen. Etwa 45 Minuten dauert der Monolog von Jürgen, in dem er anschaulich und nah berichtet, was ihm alles schon Schlimmes in der Schule wiederfahren ist. Dass man Angst hat und weglaufen will, sich nicht auf den Unterricht konzentrieren kann und wegen vielen Kleinigkeiten fertig gemacht wird. In der neuen Klasse findet er Verständnis, manche können bestimmte Situationen nachvollziehen. In der an das Stück anschließenden Diskussionsrunde werden die Jugendlichen ermuntert, sich zum Thema zu äußern und es nicht einfach zu übersehen, denn 'Mobbing gibt es an jeder Schule und in jeder Klasse', so Jürgen.
Zur Premiere des Schauspielkollektivs – Neues Schauspiel Lüneburg, 15.6.2008.
(R.: Thomas Flocken, D.: Andreas Püst)
Landeszeitung Lüneburg, 27.6.2008
„Bringen wir es hinter uns“. Theater im Klassenzimmer: „Erste Stunde“, ein Stück über Mobbing und Gewalt an der Schule
Jürgen Rickert kennt sich in der ganzen Welt aus. Er weiß, wo der Nil entspringt, kann alle Mikronesische Inseln aufsagen, die wichtigsten Exportgüter von Guatemala und die Hauptstädte von Kolumbien bis Nordkorea. Nur 18 Stunden hat der Schüler gebraucht, um sich die Erde zu erschließen. So lange nämlich war er im Geographie-Raum seiner Schule eingeschlossen - nicht aus Versehen, sondern mit Absicht. Jürgen Rickert wird von seinen Mitschülern regelmäßig drangsaliert, gequält, er scheint Grausamkeit geradezu anzuziehen. Um ihn, um Mobbing in der Schule, um Täter und Opfer geht es in dem Theatersolo "Die erste Stunde". Der Hamburger Schauspieler Andreas Püst spielt den Schüler Rickert, der sich - mal wieder - in eine fremde Klasse einfinden muss. Das Stück "Erste Stunde" von Jörg Menke-Peitzmeyer ist die neue Produktion des Lüneburger "Schauspielkollektivs" um seinen Künstlerischen Leiter Thomas Flocken. Das Konzept: Theater (mit anschließender Diskussion) für Schulklassen und mitten in der Schulklasse, gespielt von Profis, mit Themen, die junge Leute angehen - Alkoholismus und Gewalt beispielsweise. Die Idee ist gut, das Interesse bei den Pädagogen groß. Mittlerweile gibt das 2005 gegründete Kollektiv bundesweit 240 Vorstellungen pro Jahr (www.schauspielkollektiv.de). Jürgen Rickert also betritt die Klasse, er hat die Vorwärtsverteidigung gewählt: "Tja, ich bin der Neue. Bringen wir es hinter uns, ich gebe euch fünf Minuten, danach will ich meine Ruhe." Fünf Minuten für die gewohnten Beleidigungen, für die übliche Abzocke, sein Taschengeld und sein Handy bietet er vorsichtshalber gleich freiwillig an; und: "Ich heiße Rickert, Fickert geht auch". Er kennt das ja alles schon. Andreas Püst entwickelt in seinem 45-minütigen Solo das Porträt eines Gedemütigten, Getretenen, der immer wieder Opfer wird, wegen seiner komischen Ohren, der uncoolen Klamotten, seiner feuchten Aussprache. Längst ist der Einzelgänger aus Angst ruppig geworden, kann sich nicht mehr auf den Unterricht konzentrieren, hat mehrfach die Schule wechseln müssen - nur in Erdkunde hatte er neulich eine Eins, siehe oben. Heute spielt Püst in einer neunten Herderschulklasse. Das Stück, gedacht für alle Schulformen, ist wandelbar, das Geschehen hängt von den Reaktionen der Schüler ab. Anschließend gibt es ein Gespräch mit dem Darsteller und einer Pädagogin. Wo beginnt Mobbing? Wie soll man sich verhalten, wen kann man zu Hilfe rufen? Gibt es sogar in der gerade bespielten Klasse solche Fälle? Auch der Schauspieler lernt dazu: "Wir wollen dir gar nicht tun, setz' dich doch", sagte eine Schülerin zu Anfang, bei Rickerts aggressivem Auftreten. "In den anderen Klassen", so Püst, "ist mir das Handy abgenommen worden."
Zur Premiere am Klecks-Theater, Hannover. 3.09.2008
(R: Harald Schandry D: Hussein El-Awad)
Hannoversche Allgemeine Zeitung (HAZ) 05.09.2008
Verkehrte Welt. „Erste Stunde" -ein Stück über Jugendgewalt im Alten Magazin.
„Okay, bringen wir's hinter uns. Ich gebe euch fünf Minuten. In denen könnt ihr mit mir machen, was ihr wollt." So stellt sich der Neue (Hussein El-Awad) seinen Mitschülern vor - dem Publikum. Aus der vermeintlichen Opferrolle heraus übernimmt der Protagonist jedoch immer mehr die Initiative und wird selbst zum Täter. Die Zuschauer werden miteinbezogen, teilweise sogar beschimpft. Sie müssen am eigenen Leib erfahren, was Unterdrückung bedeutet. Die Atmosphäre ist beengend.
Das Einmannstück „Erste Stunde" von Jörg Menke-Peitzmeyer feierte am Mittwoch im Alten Magazin Premiere. Für die Regie ist Harald Schandry verantwortlich. El-Awid, der bereits bei der „Romeo und Julia"-Inszenierung des „Jungen Schauspiel Hannovers“ mitwirkte, überzeugt in der Rolle des Peinigers.
Das Stück richtet sich in erster Linie an Schulklassen. Viele Schüler haben selbst Erfahrungen zu dem Thema gesammelt. Die Inszenierung zeigt die Strukturen schulischer Gewalt auf und will damit eine Auseinandersetzung an stoßen - sowohl auf Opfer- als auch Täterseite. Zudem findet im Anschluss an jede Vorführung eine Diskussion mit dem Regisseur und dem Hauptdarsteller statt.
NP, 04.09.2008
Richtig durch den Fleischwolf
Nervös ist er. „Fünf Minuten", sagt er aggressiv, „in denen könnt ihr mit mir machen, was ihr wollt." Schultasche klauen, Turnschuhe abziehen, verprügeln, „richtig durch den Fleischwolf drehen". Er wills hinter sich haben.
Der Neue in der Klasse, das potenzielle Mobbing-Opfer. Jörg Menke-Peitzmeyer hat ein knackiges Solo-Stück dazu geschrieben, für Jugendliche ab 14 Jahren. Das Klecks-Theater hat „Erste Stunde" mit einem Schauspieler inszeniert, dem man zutraut; dass er kennt, was er erzählt. Prügel auf dem Bolzplatz. Angst vorm immer besoffenen Vater. So einer erwartet nichts Gutes von der Welt.
Hussein EI-Awad, 19, ist bullig, ein Opfer könnte er dennoch werden. Jeder könnte das, „auch du, du siehst so komisch aus". Er geht durch die Reihen, spricht viele an. In „Romeo und Julia" vom Jungen Schauspiel spielte er den Priester, er ist eine Entdeckung. 35 Minuten lang elektrisiert er, lässt die Schüler bald kichern, bald aufschrecken - und intensiv diskutieren. Theater direkt und pur. Ideal für Schulen.
Zur Premiere am Theater Krefeld-Mönchengladbach in Kooperation mit dem Theater am Schlachthof Neuss, 19. 12. 2008
(R: Julia Kunert, S: Halil Yavuz)
Westdeutsche Zeitung, 20.12.2008
„Erste Stunde“ macht nachdenklich. Das mobile Stück über Mobbing hinterlässt Spuren bei den Schülern.
„Okay, bringen wir es hinter uns. Ich gebe euch fünf Minuten. In denen könnt ihr mit mir machen was ihr wollt. Mich schlagen oder beschimpfen.“ So beginnt für die Klasse 8c am Stiftischen Humanistischen Gymnasium um 9.50 Uhr die Stunde. Für Jürgen Rickert ist es die erste Schulstunde in einer neuen Klasse. „Erste Stunde“, so lautet auch der Titel des Stücks, in dem Schauspieler Halil Yavuz Rickerts Leidensgeschichte als Mobbingopfer vermittelt. Jürgen, der bisher in seiner alten Klasse eher mit Schimpfwörtern betitelt worden ist, setzt sich neben die Schüler, spricht sie direkt an. Die Bühne ist das Klassenzimmer. [...] Der Zuschauer wird zum Mitspieler, erfährt die Geschichte des Mobbingopfers Jürgen emotional. Dann wird diskutiert: Wo fängt Mobbing an? „Da reicht eine abweisende Haltung und ein Augenverdrehen“, sagt Yavuz. [...] Konflikte bleiben auch in der Klasse 8c nicht aus. Doch wenn im Stück das Opfer im Vordergrund steht und lautstark zu Wort kommt, geht es darin auch um das Profil der Täter, der Mitläufer und der Zuschauer. Und um die Aussage, dass jeder theoretisch das nächste Opfer sein kann. „Es gibt immer etwas an einem, was denjenigen zum Opfer machen kann“, zitiert die Lehrerin Ursula Hecht das Stück. Sie hat sich mit dafür eingesetzt, das Stück in der Klasse aufführen zu lassen. „Gewaltprävention und Gewalt an sich sind in der achten Klasse ein Themenschwerpunkt“, sagt sie. Zum Pausenklingeln ist den Schülern eine gewisse Nachdenklichkeit anzumerken.
Zur Premiere am Theater der Jungen Welt, Leipzig. 23.04.2009
(R: Romy Kuhn, D: Lukas Kubik)
Leipziger Almanach, 27.04.2009
Vogelfrei
Jürgen Rickert ist der Neue. Verhalten zupft er an seinem Pulloverärmel und betritt das Klassenzimmer. Gemäß der freien Marktwirtschaft eröffnet der neue Mitschüler seinen Einstand mit einem Sonderangebot.
"Okay, bringen wir's hinter uns. Ich gebe euch fünf Minuten. Fünf von fünfundvierzig, da könnt ihr nicht sagen, ich wär nicht großzügig. Fünf Minuten, in denen könnt ihr mit mir machen, was ihr wollt."
Seine Mitschüler lassen sich nicht lange bitten, kaum sind zwei Sekunden verstrichen, ergreift der Erste die Initiative und erleichtert Jürgen um seinen Rucksack, der im Anschluss erst einmal gründlich inspiziert wird. Und da man schon einmal dabei ist, lässt man auch gleich Jürgens Handy in die Hosentasche wandern. Aber es kommt noch besser. Zwei Mädchen stürmen zur Tafel, erobern den Schwamm und erteilen Jürgen eine Gesichtsreinigung der besonderen Art. Dagegen erscheinen die Papierkügelchen, die es im Nachhall regnet, doch eher harmlos.
In wenigen Minuten verwandelt sich ein normales Klassenzimmer mit Lehrerpult, Schulbänken und Tafel in die Szenerie eines interaktiven Theaterstücks. Grund dafür ist der Besuch des Theaters der Jungen Welt zur Mobbingprävention. In der Tradition der mobilen Klassenzimmerstücke feiert Erste Stunde von Jörg Menke-Peitzmeyer, unter der Regie von Romy Kuhn, am 23. April 2009 in der Thomasschule Premiere.
Wie der nächste Ronaldo trippelt Jürgen durch die Stuhlreihen und erklärt, wie entscheidend die richtige Taktik für sein Überleben als Opfer ist. Denn ohne Strategie bleibt man auf der Strecke. Des Weiteren entzaubert er das Profil des Täters, in dem er ihn durch ein Hangman-Spiel an der Tafel überführt: Mobbing ist anstrengend, man muss sich ständig Respekt verschaffen, lebt auf Kosten der Schwächeren und hat dadurch so gar keine persönlichen Erfolgserlebnisse.
Mit Hilfe interaktiver Methoden, wie dem direkten Dialog mit einzelnen Schülern, schafft es Lukas Kubik das Thema Mobbing spielerisch und ohne Zwang an die Schüler heranzutragen sowie deren Interesse zu wecken. Denn neben der Qualität des Schauspielers ist die Aktivität der Schüler maßgeblich für die spannenden 45 Minuten.
Das Stück Erste Stunde bietet die Möglichkeit einer unbeschwerten Auseinandersetzung mit der Mobbing-Problematik und Empathie für die Opfer zu entwickeln, indem man sich in ihre Situation hineinversetzen kann. Mit Hilfe des nötigen Feingefühls gelingt es Kubik in der Rolle des Jürgen, die Schüler individuell anzusprechen, die Rollenverteilung des Klassenverbandes mit Bedacht freizulegen und ein Forum für Opfer zu schaffen.