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Presse - Die Eisbären von Jonas Gardell

Die Eisbären am Schlosstheater Celle – Cellesche Zeitung

03. Februar 2014

Bitterböses Familienstück. Die Eisbären feiern Premiere im Malersaal des Celler Schlosstheaters

Der schwedische Autor Jonas Gardell hat ein bitterböses Familienstück geschrieben. Und das Celler Schlosstheater machte eine großartige Inszenierung daraus.

CELLE. „Die Eisbären“ im Malersaal des Schlosstheaters: Das bedeutet 90 pausenlose Minuten fast ohne jeglichen Leerlauf. Und ist ein wunderbares Beispiel dafür, wie sich die Regie zuweilen mutig von der Vorlage entfernen und derselben gleichwohl allen Respekt erweisen kann.

Ilse Wahlgren hat Geburtstag – im Original ist es der 72., hier der 66., womit auch schon eine der ganz wenigen Abweichungen genannt wäre, die sich nicht unmittelbar erschließen. Die Töchter der Jubilarin kommen zu Besuch, doch von herzlichem Umgang miteinander kann keine Rede sein. Vielmehr dominieren Spannungen: Man stichelt hier, stichelt da und redet munter aneinander vorbei. Insbesondere Geburtstagkind Ilse nervt, betont, dass sie sich nicht beklagen wolle, und tut doch nichts anderes als eben das. Verkündet pathetisch, noch keine Mutter habe so sehr geliebt habe wie sie selbst, und bohrt zugleich zielsicher in den Beziehungsproblemen und anderen wunden Punkten ihrer Töchter herum.

Die ältere, Gertrud, hat zunehmend Schwierigkeiten, ihre Rolle als die „Vernünftige“ aufrecht zu erhalten. Und Schwesterherz Solveig sucht sich vergebens in eine gewisse Flippigkeit zu retten: Ihr Auftreten ist etwas zu forsch, der Lippenstift wirkt etwas zu knallig, und die mitgebrachten Blumen sind etwas zu zahlreich. Zunehmend werden Komplizenschaften und Brüche innerhalb dieser Familie deutlich: Die Schwestern sind offenbar eher die Lieblinge des Vaters gewesen, während Ilses Zuneigung stets vor allem Sohn Gabriel gegolten hat, der als mittlerweile erfolgreicher Schriftsteller wegen eines Fernsehauftritts nicht zur Familienfeier kommen kann.

Birgit Botts asymmetrisches Bühnenbild mit den verwinkelten Stufen lässt keine flüssigen Bewegungsabläufe der Darstellerinnen zu und greift so bestens die unbehagliche Atmosphäre des Geschehens auf. Und Regisseurin Vanessa Wilcke hat die kleinen und großen Peinlichkeiten dieser Kommunikationskatastrophe punktgenau herausgearbeitet, inklusive Wiedererkennungswert – wer hat es etwa nicht schon mal erlebt, dass Geschenken mit ebenso überschwänglicher wie offenkundig geheuchelter Freude begegnet wird? Punktuell klinken sich die Darstellerinnen aus dem Gesamtzusammenhang aus und kehren per Mikrofon ihre inneren Gedanken nach außen, was der Originaltext zwar nicht vorsieht, aber die Vereinzelung dieser Charaktere schlüssig verdeutlicht. Auch kommt der Humor durchaus nicht zu kurz: Da das Tieftraurige und das Hochkomische bekanntlich eng beisammen liegen, gibt es bei manch fieser Pointe Gelächter im Publikum.

Irgendwann bricht sich die Verfremdung endgültig Bahn: Nachdem bislang von Eisbären nur hier und da gesprochen wurde, tritt ein solcher tatsächlich auf, um den Bildschirm zu präsentieren, auf dem nun Starautor Gabriel seine Show abzieht. Auf gehässigste Weise tritt der die gesamte Familie und vor allem die Mutter in die Tonne – Karsten Zinser flegelt sich durch diese Rolle, als wolle er den Klaus-Kinski-Gedächtnispreis gewinnen.

Neben der bis hin zur Schlusspointe durchdachten Regie tragen auch alle drei Hauptdarstellerinnen wesentlich zum Gelingen des Abends bei. Monika Häckermann ist eine fast schon schmerzhaft verbohrte Ilse, Nina Damaschke bringt als Gertrud eine anrührende, aber unpathetische Verletzlichkeit ins Spiel. Auch in Kathrin Osts Solveig kann man sich gut einfühlen, allerdings ersetzt die Akteurin manchmal Intensität durch Vehemenz und wirkt in solchen Momenten weniger glaubwürdig.

Macht aber letztlich nix: Diese Inszenierung ist ein Hit – Karten besorgen!

Autor: Jörg Worat, geschrieben am: 02.02.2014

Ungemütlich-lustiges Familienfest – Ostsee-Zeitung

09. November 2002

"Die Eisbären" von Jonas Gardell

Zur deutschen Erstaufführung am Theater Greifswald, 14.11.2002

„Ostsee-Zeitung“, 9.11.2002
„Ungemütlich-lustiges Familienfest. Deutsche Erstaufführung des Schwedischen Erfolgs „Die Eisbären“: In Schweden füllte es die Theater. Greifswald zeigt in der Inszenierung von Uta Koschel die deutsche Erstaufführung. Liane Düsterhöft spielt einen Tag aus dem Leben von Ilse Wahlgren. Ihren 72. Geburtstag. Wie in jedem Jahr müssen die beiden erwachsenen Töchter Gertrud (Gabriele M. Püttner) und Solveig (Sabine Kotzur) mit Geschenken und guten Nerven erscheinen, um die kleinen Bosheiten, die das Familientreffen mit sich bringt, zu überstehen. Gemeinheiten verdichten die Atmosphäre zu einem explosiven Gemisch. Die Situation eskaliert, als das dritte Kind, Sohn Gabriel – ein gefeierter Schriftsteller, im Fernsehen sein neues Buch vorstellt. Darin führt er seine Mutter als Monster vor, schildert seine Beziehung zu ihr als von jahrelang unterdrücktem Hass geprägt. Ilse ist tief verletzt. Hat sie nicht um der Kinder willen ihre Karriere zurückgestellt, ihr Glück geopfert? Hat sie nicht deshalb einen Anspruch auf die Liebe ihrer Kinder? „Als ich das Stück las, war ich zuerst erschrocken“, gesteht Liane Düsterhöft. Diese harte, fordernde, gemeine und eigentlich bemitleidenswerte Ilse entspricht so gar nicht ihrem Mutterbild. (...) Dass Liane Düssterhöft ein lieber und offener Mensch ist, ist selbst während des Gesprächs zu spüren. Doch wie schnell sie sich wandeln kann, wenn sie nur kurze Passagen ihrer Rolle spricht. Da funkeln die Augen hart und fordernd: „Er liiiiebt mich. Es ist immer so gewesen“.“

„Ostsee-Zeitung“, 16.11.2002
„Treffsicher und humorvoll Boshaftigkeiten in Szene gesetzt: Der schwedische Autor und Comedian Jonas Gardell, der 1963 in Stockholm geboren wurde und auch dort lebt, ist bekannt für seinen kritischen Blick auf alltägliche Situationen und sein Talent, sie durch präzise Charakterdarstellungen humorvoll zu karikieren. Sein Realismus ist mitunter erschreckend, wird aber durch charmanten Witz immer wieder gebrochen, so dass er nicht schwermütig und nicht zu persönlich wird. Auch in seinen „Eisbären“ nimmt Gardell eine Alltagssituation zum Anlass für eine Farce. Ilses 72. Geburtstag und die dazugehörige Kaffeezeremonie sind der Ausgangspunkt für eine facettenreiche Familiengeschichte, von der Gardell durch die Dialoge der Charaktere ein sehr genaues Bild entwirft. In der Inszenierung von Uta Koschel wird diese Familiensituation sehr deutlich. Unterstützt durch Kostüme und Maske gelingt es den Schauspielerinnen, die einzelnen Charaktere, deren Rollen in der Familie sehr präzise darzustellen. Sie zeigen überzeugend, wie treffsicher die drei ihre Boshaftigkeiten austauschen und wie durch das Gerede von Harmonie und Gemütlichkeit eine heuchlerische Illusion von Familie aufrechterhalten werden soll. Jegliche Versuche, die Feier harmonisch zu gestalten, wirken so absurd, dass Lacher nicht ausbleiben. Und der Kontakt von Schauspielern und Publikum, der durch das passende Bühnenbild (Christiane Kleinber) gut möglich ist, erzeugt weitere humorvolle Brüche der bedrückenden Geburtstagsstimmung. (...) Es gab viel Applaus für die gelungene deutsche Erstaufführung.“

„NDR 1 Radio Mecklenburg Vorpommern – Kulturjournal“, 15.11.2002
„Jonas Gardell ist in Schweden einer der bekanntesten Komiker. Seine Bühnenauftritte begeistern das schwedische Publikum. Seine Talkshows gehören zu den beliebtesten Fernsehsendungen. Und auch als Autor hat sich Gardell in Skandinavien einen Namen gemacht – mit Romanen, Drehbüchern und Theaterstücken. Letztere werden auch von deutschen Bühnen entdeckt. Zum Beispiel in Greifswald: Dort war gestern die Erstaufführung von „Die Eisbären“. (...) „Mich hat hauptsächlich interessiert, dass es eine Situation ist, die jeder kennt, Familienfeste, eine ins Extrem getriebene Alltagskomik“, so die Regisseurin Uta Koschel. Ihre Inszenierung der Familiengroteske ist präzise und kraftvoll – was nicht zuletzt an den drei Schauspielerinnen liegt. (...) An Emotionen mangelt es nicht an diesem Theaterabend. Und wäre das alles nicht oft auch sehr komisch, würde man es wahrscheinlich gar nicht aushalten können.“



Zur Stralsunder Premiere im Brauhaus, Theater Vorpommern, 28.11.2002

„Das Brauhaus, die intime Nebenspielstätte des Theaters Vorpommern, ist seit ein paar Jahren zur guten Adresse für zeitgenössische internationale Dramatik geworden. Die räumlich bedingte Enge bringt Themen ins Visier, die Probleme oft schwieriger Beziehungen beleuchten. (...) Der Titel „Eisbären“ verweist auf eine diesen Tieren nachgesagte Eigenschaft, ihren Nachwuchs lange und eng an sich zu binden. Zentrale Gestalt des Stücks ist die Mutter, die ihren Sohn offenbar gerade durch das Klammern verloren hat. Erst mit 32 Jahren zog der von zu Hause fort und findet den weg des endgültigen Abnabelns nur auf dem Umweg über ein Buch, worin er seine Kindheit beschreibt. Eine bitterböse Abrechnung, die die Mutter und ihre beiden Töchter via TV ins Haus geliefert bekommen. (...) Gabriele M. Püttner verleiht ihrer Figur der Tochter Gertrud viele liebenswerte Züge: Munterkeitsgehabe, begreifbare Zornesausbrüche und tiefe Trauer über ihre verlorene Liebe. Im Kontrast dazu Sabine Kotzur, noch immer die drollige Göre, mit Herz für Mutter und Schwester – aber wie Gertrud voller Wut über den verwöhnten, egozentrischen Bruder.“



Zur Uraufführung im "Lilla Klara" in Stockholm

Gudrun Lindahl
"Jonas Gardells Stück "Die Eisbären" wird vor mehr als ausverkauftem Haus im "Lilla Klara" gespielt. Der Publikumsandrang ist so groß, daß sogar die Pressekarten verkauft werden."

Eva Thielander
"Das Stück ist eine geglückte Mischung aus schnellen Dialogen, schmerzlicher Psychologie und wiedererkennbaren alltäglichen Reflexionen. Mit einem Humor, der hart an der Grenze zur finstersten Verzweiflung balanciert."

Ingmar Björksten
Nein, er ist wirklich kein sentimentaler Schmusebär, der gute Gardell. Aber er ist komisch, bissig, klar, mitfühlend und schrecklich wahr.

Sarah Arrhenius
"Es ist ein Theater, das ganz auf die Dialoge und das Zusammenspiel auf der Bühne baut, und es funktioniert. Die drei Frauen haben einen geschickt komponierten Text als Ausgangspunkt, und es gelingt ihnen, die wohlverpackten Enthüllungen sichtbar zu machen. Der Wechsel zwischen Zuneigung und Nähe, Kritik und Abstand sind abrupt und überraschend, finden jedoch ihren logischen Platz."