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Presse - Bezahlt wird immer! von Florian Kaiser

Herrlich komisch wie bei "Dick und Doof" – Die Rheinpfalz

03. Juli 2017

Das "Theater Carnivore" aus Heidelberg bietet beim Gastspiel in Forst eine Slapstick-Komödie reinsten Wassers und trotzt damit dem Regen.

von Ute Gerst

Bange Blicke zum Himmel, ein leise vor sich hin tröpfelnder Regen, und doch sind rund 30 unbeirrte Theaterliebhaber am Samstagabend ins Forster Weingut Acham-Magin gekommen, um "Bezahlt wird immer!", das neue Stück der Heidelberger Wanderbühne "Carnivore" zu sehen. Und sie haben es nicht bereut: Der Theatergott Dionysos siegt über den Wettergott. Florian Kaisers Komödie unterhält auf hohem Niveau! Respektlos, turbulent und poetisch!

Wie es dem erklärten Vorbild, der klassischen Commedia dell'arte entspricht, bietet das Stück ein Spiel um Schein und Sein. Hinter einem roten Theatervorhang verborgen, der mittels einer Kurbel, für die man auf eine Leiter steigen muss, hoch- und heruntergelassen wird, purzeln zwei Taugenichtse umeinander. Kaffee ist nicht, der alte Filter wurde schon mehrere Tage hintereinander benutzt, auch der Tee ist alle. In der "Konkurskasse" befinden sich gerade mal 6,42 Euro, was nicht einmal mehr reicht, um beim Schlachter Blut für das "Bluttränenwunder" zu erstehen. Denn Guru und Scarpin betreiben in der Toscana ein "Zentrum für innere Einkehr und äußerstes Wohlbefinden". Kunden sind aber Mangelware.

Da kommt ihnen die trostbedürftige Frau Müller gerade recht.Ein ausgeklügelter Plan wird ersonnen, nämlich eine Verführung derselben durch Scarpin, der sich aber gar zu dusslig anstellt und erst einmal an einer aufblasbaren Sexpuppe über muss. Sein Verheddern und Entwirren, bin im buchstäblichen Sinne die Luft raus ist, ist so komisch, dass einem fast die Luft wegbleibt. Auch als Guru die Verführung später filmen will, um die Gnädigste zu erpressen, scheitert das an Scarpins Naivität.

Markus Schultz spielt diesen Scarpin, eine klassische Figur der Commedia dell'arte, weiß geschminkt , völlig schusslig, immer gut gelaunt und voller Optimismus. Eric Haug gibt einen Guru, der schwer von sich eingenommen ist, dessen Gaunereien aber nicht ganz so durchdacht sind, dass sie diesem Anspruch genügen können. Rebekka Herl ist eine sehr authentische Frau Müller auf High Heels mit viel Glitzerschmuck. Sie gibt die weinende unverstandene Ehefrau, die therapiesüchtige Jüngerin, aber sie posiert auch mit viel Pep als Verführerin in schwarzem BH und Strapsen. Die Kostüme sind von Marcela Snáselová, die auch schon für das Mannheimer Nationaltheater gearbeitet hat.

Das Ganze erinnert an fröhlichen Slapstick in der Tradition von "Dick und Doof", was durch den Klaps noch verstärkt wird, den Guru seinem Kompagnon immer dann versetzt, wenn der sich allzu begriffsstutzig anstellt. Da wackelt die Bühne und mit ihr die herrlichen Requisiten von Motz Tietze, der in Heidelberg seit Jahren als Bühnenbildner und Gestalter für Performances arbeitet. Da fungieren Kulissen Kisten als Bett, eine riesige Uhr simuliert einen Wecker, die Tastatur einer alten Schreibmaschine wird mit einem Küchengerät als Sender zum PC. Echt witzig! Auch die Musikauswahl ist erwähnenswert. passend zur Gemengelage im Stück wählte Kaiser "Tango á trois" und als Entrée den "Mars" aus Gustav Holsts "Planeten".

Zum Schluss (...) geht eine Groteske zu Ende, die vor guten Einfällen, Engagement und Spielfreude geradezu strotzt und in ihrer Schlichtheit die Herzen des Publikums gewann. Zu Recht viel Applaus! Zu Recht viele "Bravo-Rufe!"

 

Auf der Wanderbühne geht’s kräftig zur Sache – Rhein-Neckar-Zeitung

24. Mai 2017

Theater Carnivore feierte in der Tiefburg Premiere mit "Bezahlt wird immer!"

von Ingeborg Salomon

Die Handschuhsheimer Tiefburg ist ein lauschiger Veranstaltungsort, auch an nicht ganz so lauschigen Frühlingsabenden. Mit der Komödie "Bezahlt wird immer!" eröffnete die Wanderbühne Theater Carnivore jetzt die Saison - vor rund 200 Zuschauern, die im überdachten Innenhof und auf wärmenden Kissen zwei Stunden lang verfolgten, was der Heidelberger Regisseur Florian Kaiser da auf die ausklappbare Bühne brachte. Bis Mitte August ist die Gruppe mit dieser Komödie und dem Kinderheater-Stück "Grimms Kram" auf Tournee an der Bergstraße und in der Metropolregion.

Die Handlung ist ziemlich schlicht, das Engagement der Mitwirkenden dafür umso größer. In Anspielung auf Dario Fos Stück "Bezahlt wird nicht!" geht es in dieser modernen Commedia dell’Arte um Schein und Sein sowie um die Suche nach dem wahren Selbst gegen großes Geld. Guru, gespielt von Eric Haug, und sein Kompagnon Scarpin (Markus Schultz) betreiben in der Toskana ein "Zentrum für innere Einkehr und äußerstes Wohlbefinden".

Doch in ihrer "Konkurskasse" sind noch exakt 6,42 Euro, der Kühlschrank ist gähnend leer, und niemand will die Therapieangebote "Schöner Atmen" oder das "Bluttränenwein-Wunder" bestaunen. Deshalb kommt den beiden ausgebufften Gaunern die trostbedürftige Frau Müller - Rebekka Herl auf High Heels und mit viel Glitzerschmuck - gerade recht. Scarpin soll sie verführen, Guru will die Szene filmen und mit der Erpressung der Gnädigsten möglichst viel Geld in die Kasse spülen. Klar, dass der üble Plan krachend misslingt. Zum Schluss sind alle Akteure tot, die Bühne ein Schlachtfeld und die Zuschauer gut unterhalten.

In Florian Kaisers Inszenierung geht es sowohl mit Worten als auch mit Taten kräftig zur Sache. Das entspricht ganz dem historischen Vorbild, der klassischen Commedia dell’Arte. Vor allem Markus Schultz als Scarpin - weiß geschminkt, völlig verschusselt und ebenso fröhlich wie verfressen - legt sich mächtig ins Zeug und hat die Sympathien der Zuschauer schnell gewonnen. Mit dem skrupellosen Guru gerät er heftig in Clinch. Dabei wackeln Bühne und Requisiten, zur Verstärkung trillern draußen die Vögel. Rebekka Herl als Objekt der Begierde muss da schon mal schnell auf einen Stuhl klettern und wie die Freiheitsstatue persönlich posieren, um der handgreiflichen Gemengelage der beiden zu entkommen.

Als die Uhr der unmittelbar benachbarten Friedenskirche zehnmal kräftig schlägt, liegen auf der Bühne drei blutbefleckte Leichen und Pulverdampf kitzelt die Nasen der Zuschauer. Dann ist Schluss mit lustig, dafür bringen die langsam Dahinscheidenden noch Goethes vermeintlich letzte Worte ("Mehr Licht!") und Schillers Maria Stuart zu Gehör: "Das Leben ist nur ein Moment, der Tod ist auch nur einer." Verdienter Applaus.

Conchita Wurst lässt grüßen – Augsburger Allgemeine - Rieser Nachrichten

10. Februar 2015

Schauspielmanufaktur Uraufführung von „Bezahlt wird immer!“. Turbulente Tragikommödie mit glänzenden darstellerischen Leistungen

von Toni Kutscherauer

Nördlingen. Erstmals in der fast fünfjährigen Geschichte der Schauspielmanufaktur Nördlingen stand eine Uraufführung auf dem Programm. So war auch Autor Florian Kaiser aus Heidelberg angereist, um dabei zu sein, wenn seine Komödie „Bezahlt wird immer!“ auf dem Nördlinger Rotochsenkeller zum ersten Mal öffentlich gespielt wird. Erzählt wird die Geschichte von zwei Scharlatane Guru (Ronaöd Hansch) und Scarpin (Holger Zessner), die mit unseriösen Selbsterfahrungskursen in der Toskana den Leuten das Geld aus der Tasche ziehen.

Doch die Geschäfte laufen schlecht, niemand interessiert sich für Workshops wie „Schöner Atmen“, „Heilige Steine“ oder „Instant Karma To Go““. Und so ist die Kurskasse genau so leer wie Kaffeedose und Benzintank . Selbst für Schlachthof-Blut zur Inszenierung des „Bluttränen-Wunders“ reicht die Barschaft kaum. Zudem sitzt den beiden noch der eifersüchtige Ehemann Palazzi im Nacken.

Die Rettung scheint nahe, als sich Frau Müller (Markus Anton) – nach frischer Trennung in Lebenskrise – telefonisch beim „Zentrum für innere Einkehr und äußeres Wohlbefinden“ anmeldet. Doch wer erscheint, schwebt förmlich ein? Ein bärtiger, langhaariger Jesus-Typ in Frauenkleidern! Transvestit oder Drag-Queen? Homo- oder Transsexuell? Conchita Wurst lässt grüßen.

Schnell zeigt sich, dass Frau Müller mehr über Spiritualität und Reinkarnation weiß, als die beiden Hochstapler. Und so beginnt eine turbulente erotische Tragikomödie um Leidenschaft und Eifersucht, um Profitgier und Erpressung, um Liebe und Selbstfindung.

Selbstherrlicher Macho und trotteliger Assistent

Theaterleiter und Regisseur Nico Jilka hat das Drei-Personen-Stück „Bezahlt wird immer!“ mit erstklassigen Schauspielern besetzt. Ronald Hansch war bereits in mehreren Rollen in der Schauspielmanufaktur zu sehen und gefällt als geldgeiler, selbstherrlicher Macho, der seiner materiellen Gier auch Freundschaften und Gefühle opfert.

Seinen Widerpart als trotteliger „Workshop Assistent Manager“ spielt der unwiderstehliche Holger Zessner, dessen darstellerische Komik man sich unmöglich entziehen kann und dessen Mienenspiel alleine schon das Eintrittsgeld wert ist.

Markus Anton schließlich ist der schon aufgrund seiner femininen Ausstrahlung ein Gewinn: er stöckelt wie eine frau, spricht wie eine Frau und verkörpert somit gekonnt ein ebenfalls andogynes wie geheimnisvolles Wesen.

Durchaus mutige Inszenierung

Die Inszenierung von „Bezahlt wird immer!“ darf durchaus als mutig bezeichnet werden. Im Vordergrund läuft die Komödie um zwei Loser und eine druchgeknallte Esoterik-Ziege. Da ist Slapstick Trumpf, wenn der Sekundenkleber seine Wirkung entfaltet oder der hibbelige Scapin seine verführungskünste an einer Sexpuppe testet. Doch in einer zweiten, inhaltlich tiefer angelegten Ebene werden zum einen die eigentlich tragischen Schicksale der drei gescheiterten Existenzen beleuchtet. Zum anderen werden in zahlreichen Metaphern und Bildern spannende und brisante Fragestellungen zu dem Thema wie Geschlechterrolle und sexuelle Identitätsfindung entwickelt. Sogar reale Ereignisse sind eingearbeitet, wie etwa die Klatten/Sgarbi-Affäre.

So pendelt „Bezahlt wird immer!“ stetig zwischen Komödie und Tragödie, zwischen Groteske und Farce. Zudem enthält die Aufführung einige gewagte, delikate und provokante Szenen, in denen der eine oder andere Besucher Grenzen überschritten sehen mag. Folgerichtig gibt es am Ende zwar einige betretene Gesichter, beim Großteil des Publikums jedoch euphorischen Applaus. Dazu ein dickes Lob von Autor Florian Kaiser und viele Vorhänge für die grandiosen Schauspieler. Man kann also mit einiger Sicherheit davon ausgehen, dass „Bezahlt wird immer!“kontrovers diskutiert werden wird. Doch immer, wenn das der Fall ist, hat das Theater eine wichtige Funktion erfüllt.