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Presse - Arm aber sexy von Jörg Menke-Peitzmeyer

Ein ganzes Volkstheater innerhalb von 45 Minuten – Rheinische Post online

10. November 2007

„Arm aber sexy“ von Jörg Menke-Peitzmeyer

Zur Uraufführung der Klassenzimmerinszenierung des Schlosstheater Moers am, 08.11.2007
(UA: 08.11.07 ; R: Julius Jensen ; D: Pirkko Cremer)

„Rheinische Post online“, 10.11.2007
„Ein ganzes Volkstheater innerhalb von 45 Minuten“ von Heribert Brinkmann
„Das erste Theaterstück, das Jörg Menke-Peitzmeyer verfasste, beschrieb die Welt eines alternden Fußballers: „Der Manndecker“. Mit „Steht auf, wenn ihr Schalker seid“ hatte er seinen Durchbruch als Stückeautor. Einmal ist er zu lange sitzen geblieben. Damals war er als Schauspieler in Mainz engagiert. Auf der Bühne begann Schillers „Die Räuber“ und hinter der Bühne das WM-Spiel Kamerun gegen Argentinien. Menke-Peitzmeyer verpasste aus lauter Fußballbegeisterung seinen Einsatz im Stück.
Die rote Karte hat er deshalb nicht erhalten. Er arbeitet heute immer noch als Schauspieler und als Autor – allerdings in Berlin. Das Leben in der Metropole inspiriert den 41-Jährigen immer wieder zu neuen Szenen. So auch bei „Arm aber sexy“, das Klassenzimmerstück, das er im Auftrag des Schlosstheaters Moers schrieb. Zur Uraufführung waren er und seine Verlegerin Ulrike Hofmann-Paul nach Moers gekommen. Gestern verfolgte er die zweite Aufführung an einem Gymnasium in Rheinberg. Am Montag läuft mit „Erste Stunde“ ein weiteres Stück aus seiner Feder im Rahmen der Penguin’s Days in Moers.
Menke-Peitzmeyer stammt aus Anröchte in Westfalen. In seiner Jugend spielte er Fußball – bis in die Bezirksliga. Über die Theater-AG am Gymnasium kam er auf die Bühne. Es folgte das Schauspielstudium an der Folkwang Hochschule in Essen und Engagements an verschiedenen Theatern. Zusätzlich studierte er am Deutschen Literaturinstitut in Leipzig dramatisches Schreiben.
Der Bedarf an neuen Stücken ist groß, besonders beim mehr themenbezogenen Jugendtheater. Um junge Zuschauer zu packen, müsse man ernste Inhalte unterhaltsam verpacken. Der Autor liebt das Genre des Klassenzimmertheaters, das innerhalb einer Schulstunde alle Inhalte transportieren muss. „Das ist richtig eine Art Volkstheater.“ Gut, dass der Moerser Dramaturg einige Klassenzimmerstücke kannte und ihn für Moers engagierte.


„Der Westen“, 9.11.2007
„Kim schaut in lauter Sackgassen“ von Anne Horstmeier
„Eine Welturaufführung im Unterricht: Die Klasse 8 b der Anne-Frank-Gesamtschule war gestern die erste, die das Stück "Arm aber sexy" von Jörg Menke-Peitzmeyer erlebte - der Autor war aus Berlin angereist, und auch Intendant Ulrich Greb war gekommen.
Julius Jensen hat das Auftragswerk inszeniert, das das Schlosstheater im Rahmen seiner Armutskampagne als mobile Produktion zeigt. Pirkko Cremer spielt die junge Frau, die versucht, den Schülern das von ihr gestaltete ("Porno"-)Magazin für 50 Cent anzudrehen. Als sehr blonde und sehr pinkfarbene Kim Hot geht sie die "Kunden" rotzig-frech an. Doch die "Hallo-ich-hab'-hier-was-ganz-Tolles"-Methode funktioniert nicht. Also erzählt sie von ihrer Armut, von ihrem Hunger, fischt sogar - hübscher Regieeinfall - einen angebissenen Apfel aus dem Papierkorb. Doch der Griff zum Geld bleibt sogar aus, als sie androht, aus dem Fenster zu springen. Kim ist taff, sie wird's nicht tun.
Die ehemalige Gymnasiastin heißt eigentlich Melanie. Ihr ist nichts mehr peinlich, seit ihre Mutter sich beim Elternabend als Putzfrau angeboten hat. Die ehemaligen Pfarrsekretärin, die arbeitslos wurde, nachdem sie in den Klingelbeutel gegriffen hatte, ist in der Psychiatrie gelandet. Und der Vater verbirgt sein Hartz-IV-Leben wie James Bond seine Mission.
Kim-Melanie träumt - von einer Karriere als Superstar, von einer Yacht in St. Tropez, von einem reichen Mann, von einer Schwangerschaft, von einem Beruf "in Weiß". Große und kleine Fluchten, allesamt Sackgassen. Sogar ein Leben im Knast erscheint verlockend, weil es da dreimal täglich Essen gibt, jede Menge Sozialkontakte, Drogen - und wenn man rauskommt, vielleicht wieder Arbeit. "Man muss sich nur festnehmen lassen", sagt die abgeschminkte Melanie, als sie das Klassenzimmer verlässt.
Der Text nennt zwar viele Begriffe, die im Zusammenhang mit Armut immer wieder bemüht werden, aber die Sprache bleibt natürlich und jugendnah. Die Inszenierung vermeidet jede Tränendrüse. Pirkko Cremer schafft eine ungezwungene Atmosphäre und zeigt eine trotzige junge Frau, deren Härte allerdings rissig wirkt. Noch lächelt Kim-Melanie ihre Tränen weg.“


Rheinische Post, 9.11.2007
„Uraufführung im Klassenzimmer“ von Heribert Brinkmann
Gestern 9.55 Uhr, Raum 109 im ersten Stock der Anne-Frank-Gesamtschule in Rheinkamp. Die Klasse 8b sammelt sich im Gang vor der verschlossenen Klassentür. Auf dem Stundenplan steht kein normaler Unterricht, sondern die Welturaufführung von „Arm aber sexy“ im Rahmen der Penguin’s Days. Für seine aktuelle Kampagne „Vorsicht: Armut“ hat das Schlosstheater ein Stück in Auftrag gegeben, das Armut aus Sicht von Kindern und Jugendlichen beleuchtet. Geschrieben hat „Arm aber sexy“ der Berliner Schauspieler und Autor Jörg Menke-Peitzmeyer. Seine Erlebnisse, wie Obdachlose Zeitungen in der S-Bahn verkaufen oder wie Jugendliche der Neuköllner Rütli-Schule die Medienhype für die Vermarktung eigener T-Shirts nutzten, hat Menke-Peitzmeyer in sein neues Stück einfließen lassen.
Sex sells
Autor und seine Verlegerin Ulrike Hofmann-Paul sind zur Uraufführung nach Moers gekommen und wohnen dem Theaterspiel in der dritten Stunde bei. Schauspielerin Pirkko Cremer gelingt es, die Schüler mit ihrem Solopart 40 Minuten lang zu fesseln. „Arm aber sexy“ ist auf ihrem T-Shirt zu lesen, und „Arm aber sexy“ ist auch der Titel ihrer Zeitung, die sie in vielfachen Anläufen in der Klasse an den Mann zu bringen will. Der Teenager Kim weiß aus den Medien, dass Sex sells. Mit blonder Langhaarperücke und engem T-Shirt , lasziven Bewegungen und entsprechendem Augenaufschlag will sie sexy erscheinen. Wobei Pirkko Cremer in der Inszenierung von Julius Jensen wunderbar die Gradwanderung gelingt, das in den Medien abgeschaute sexy Getue etwas ungewohnt und ungeschickt nachzuahmen.
Vater und Mutter arbeitslos, sie selbst hat mit der Schule abgebrochen. Kim weiß nicht, wie es weitergehen soll. Die sexy-Masche verfängt nicht, entnervt zieht Kim die Perücke aus und gibt auf. Am Ende erscheint ihr in ihrer Verzweiflung nur noch der Knast als ein Hort von Kontinuität und Versorgt sein.
Der Klassenraum läßt keinerlei Distanz zu. Als Kim geht Pirkko Cremer durch die Reihen, spricht die Schüler direkt an, streichelt einigen über den Kopf. Nachher geben die Schüler zu, dass sie es gut finden, mit einbezogen zu sein, aber es ist ihnen auch ein wenig peinlich, man ist nicht immer sicher, was als nächstes passiert.
Am Ende gibt es nach 40 Minuten viel Applaus – zu Recht für Stück und Spiel. Statt Premierenfeier schließt sich es eine Diskussion an. Die Schüler der 8b sehen dabei Armut eher als ein individuelles denn als gesellschaftliches Problem. „Moers brennt“ nach dem Beispiel der französischen Vorstädte ist für sie überhaupt kein Thema.


Zur Premiere am Pfalztheater, Kaiserslautern, 26.08.2008
(P: 26.08.08 ; R: Thomas Krauß ; D: Brigitte Urhausen)

„Die Rheinpfalz“, 27.08.2008
„Verletzlich in Knallrosa. Gestern Premiere: Pfalztheater-Klassenzimmerstück 'Arm aber sexy'“ von Anna Hahn
Wenn die Eltern von Hartz IV leben müssen, trifft das immer auch und besonders hart die Kinder und Jugendlichen einer Familie. Wie es ist, jeden Cent umdrehen zu müssen und welche Erniedrigungen materieller Mangel den Menschen oft abverlangt, zeigt das neue Klassenzimmerstück des Pfalztheaters „Arm aber sexy“ mit Schauspielerin Brigitte Urhausen. Regie führte Pfalztheater-Schauspieldirektor Thomas Krauß. Gestern war Premiere in der Goetheschule.
Kim weiß, wie man etwas verkauft. Mit engem, knallrosa T-Shirt, platinblonder Perücke und dicker Schminke fährt die 16-Jährige im Klassenzimmer das volle Programm auf. Sie presst ihren Körper in lasziven Posen an die Wand, sie stöhnt und macht den Jungs in den Bänken vor sich eindeutige Angebote. Nicht aus Lust, sondern aus Not, wie sich schnell herausstellt. Denn Kim ist arm - ein Etikett, das sie wütend macht, „weil dabei doch jeder gleich an Afrika denkt“. Kim lebt zwar in Kaiserslautern, trotzdem wühlt sie im Mülleimer nach Essensresten. Eigentlich will sie den Schülern ihre selbst gebastelten Faltblätter für 50 Cent das Stück andrehen, in denen sie als „Kim Hot“ pubertäre Sex-Abenteuer ausbreitet. In der Realität fehlt Kims Eltern das Geld an allen Ecken, seit auch noch die Mutter ihren Job als Pfarrsekretärin verloren hat, weil sie aus dem Klingelbeutel Geld nahm, um der Familie zum Weihnachtsfest etwas zu gönnen. Armut, oft verbunden mit Scham und dem Versuch, sie vor anderen zu verbergen, ist also ein zentrales Thema des Schauspiels von Jörg Menke-Peitzmeyer. Dass dieses aber nicht larmoyant, sondern stellenweise humorvoll vermittelt wird, ist der klugen Vorlage des Autors ebenso wie der frischen und authentischen schauspielerischen Leistung geschuldet.
Brigitte Urhausen, die im Jahre 2005 schon einmal durch die Kindergärten und Klassenzimmer tourte („Das Löwengeschenk“), verleiht dem lebensklugen Teenager viele Facetten. Sie scheut das Vulgäre nicht, lässt aber immer wieder auch Kims verletzliche Seite durchschimmern. Denn wie bei vielen anderen Klassenzimmerstücken wird ihre Figur dann besonders spannend, wenn die Maske buchstäblich fällt. Während Kim anfangs noch darüber fantasiert, ihre Armut in den Medien groß rauszubringen, rutschen ihr später Geschichten von persönlichen Wunden und Sehnsüchten heraus. Dann wischt sie sich den blauen Lidschatten ab und wird zu Melanie, die ihren Geburtstag auf der Intensivstation verbracht hat, weil der Vater ihr im Suff den Arm brach.
Menke-Peitzmeyer ist es gelungen, die Angst vor dem sozialen Abstieg mit berechtigter Medienkritik zu verschränken. „Arm aber sexy“ ist ein Stück, das direkt ans Herz geht und nur an ganz wenigen Stellen zu dick aufträgt. Unterhaltsam, ohne dabei die Referenz auf die Wirklichkeit zu verlieren, liefert es viele Denkanstöße und sorgte nicht zuletzt durch das offene Ende bei den Zehntklässlern der Goetheschule für ein nachhaltiges Theatererlebnis. Pfalztheater-Theaterpädagogin Nina Velmer sensibilisierte die Schüler in einem Workshop vor der Aufführung
mit spielerischen Mitteln für die heikle Thematik. So viel sei verraten: Pöbeln und fluchen im Klassenzimmer war dabei ausdrücklich erwünscht.