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Presse - Anima von Edzard Schoppmann

Schöne Bilder und ein furchtbares Geheimnis – Badische Zeitung

25. November 2013

Schöne Bilder und ein furchtbares Geheimnis

Edzard Schoppmanns "Anima" ist Roadmovie, Detektivstory und Beziehungsgeschichte / Glänzende Darsteller.

Kommen sich auf Tour mit dem geistesverwirrten Mathieu näher: Aurélie (Stephanie Felix) und Fred (Stefan Liebermann) Foto: Christian Heck

OFFENBURG. Es ist eine Mischung aus Detektivstory, Road Movie und Beziehungsfindungsgeschichte, die BAAL-novo-Chef Edzard Schoppmann mit "Anima" geschrieben und inszeniert hat. Es ist zuallererst aber ein gelungener Theaterabend, mit schönen Bildern, sympathischen Darstellern, spannend, poetisch, bisweilen komisch, und mit einem bittersüßen Kern.

Ist er nun dement oder nur geistesverwirrt, der 69-jährige Mathieu? Der einst erfolgreiche Unternehmer, nun von den Kindern entmündigt und in eine Anstalt verbracht, spricht vom "Schnee im Kopf". Er wird bedrängt von eingekapselten Erinnerungen an seine Liebe zu Anne und eine Fahrt in die Alpen im Jahr 1963. Er will Anne wiedersehen. Seine Enkelin Aurélie verhilft ihm zur Flucht. Sie ist misstrauisch, demonstrativ eigenwillig, zerrissen von der Suche nach Geborgenheit und dem Drang nach Freiheit. Auf einem Soldatenfriedhof lernt sie Fred kennen. Sie überredet ihn zum Trip in die Alpen mitsamt Opa, und er verliebt sich in das Mädchen.

Wie das immerzu streitende Paar sich näherkommt, allmählich das Gegenüber begreift, ist ein Drittel der Geschichte. "Heiraten, Kinder kriegen, Rente, Tod – das war’s? Nein, danke!" So stellt Aurélie das dar, was Fred, Spross eines Familienunternehmens, ganz anders sieht: "Meine Familie braucht mich, das Geschäft braucht mich. Ich habe Verantwortung!" Er lernt, dem "man braucht mich" Grenzen zu setzen, Auszeiten und Freiheiten für sich zu beanspruchen.

Zu einander finden Aurélie und Fred, als Mathieus Schicksal ihnen zeigt, wohin zu viel Drang nach Freiheit einerseits und zu viel Anpassung an die Erwartung andererseits führen kann. Was uns zur Detektivgeschichte bringt. In den Schweizer Alpen enthüllt sich das furchtbare Geheimnis um Mathieu und Anne. Seine Enthüllung ist schmerzhaft, aber heilsam – ganz wie in entsprechenden Filmen aus Hollywoods goldener Zeit.

Das Road Movie gibt für alles den Rahmen: Den Krieg zwischen dem ungleichen Paar, den verrückten Eskapaden des verrückten Alten, und die "vernünftigen" Jungen hecheln hinterher. Das ist superschön umgesetzt. Ein großes Segel umkreist die Bühne. Es fängt Landschaften ein, Straßen und Straßenzüge, Bergpässe, Klüfte, Firn. Oder Kreuze im Schattenriss beim Soldatenfriedhof. Oder – in der Anstalt – eine Tür, hinter der das Unbekannte wartet, ein treffendes und klares Symbol.

Arthur Baratta als Mathieu, Stéphanie Felix als Aurélie und Stefan Liebermann als Fred sind ein Trio, das individuelle Züge hat und zugleich die im Genre angelegten Klischees mal bestätigt, mal ironisiert. "Anima" – lateinisch für Seele – ist eine superschöne Inszenierung, bei der insbesondere die poetischen Momente stark nachwirken.